„Wir brauchen euch nicht“

Pro-NRW-Kundgebung: 200 Gegendemonstranten machen friedlich klar, dass die 60 rechten Populisten nicht erwünscht sind.

Leichlingen. "Nazis raus - Nazis raus", skandieren kurz nach 10 Uhr Protestler am Fuße der Funchalbrücke. Gerichtet sind die Worte an jene 60 Personen, die sich nur einige Meter weiter auf dem Parkplatz zwischen Wupper und Brückerfeld versammelt haben. Sie halten Schilder mit einer durchkreuzten Moschee hoch, schwenken schwarz-rot-goldene Fahnen. "Pro NRW" macht vor dem "Anti-Islamisierungskongress" Station in Leichlingen und versetzt die Stadt in Ausnahmezustand.

Hunderte von Polizisten und rund 40 Mannschaftswagen stehen auf der Brückenstraße oder sind im Stadtgebiet unterwegs. Unter der Ägide des Kölner Polizeipräsidenten ist alles für den Ernstfall vorbereitet. Aber der wird nicht eintreten. Der Verkehr kann weiter fließen, Sperrschilder müssen nicht aufgebaut werden, stattdessen wird Polizeisprecher Peter Raubuch gegen Mittag feststellen: "Das war ein guter Tag für Leichlingen."

Immer wieder dringen rechtslastige Parolen durch, stoßen auf Fassungslosigkeit und Unverständnis. "Dass wir so etwas noch einmal hören müssen", meint ein älterer Herr. "Wir brauchen euch nicht in unserer Stadt", regt sich ein Passant auf. Junge Leute schmettern: "Keiner mag euch, keiner hat euch lieb."

Protest auch am entgegengesetzten Ende der Straße. Insgesamt sind es an die 200 Demonstranten. Dazwischen Polizisten, die aufpassen, dass sich die Gruppen nicht mischen. Raubuch: "Das muss vermieden werden. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem Ablauf."

Einige Meter weiter weisen Umleitungsschilder den Weg in Richtung Menschlichkeit, in Richtung Religionsfreiheit. Sie stehen für das Aktionsbündnis "Bunt statt Braun", das sich als Reaktion auf die Pro-NRW-Ansage gegründet hat - mit Vertretern der Kirchen, politischen Parteien, des Wirtschaftsförderungsvereins und vielen Privatleuten.

11.45 Uhr: Die letzten Redner von "Pro NRW" kommen zum Ende. Die Wagenbühne wird geräumt. Wenig später rollt der Konvoi mit mehreren Vans und Taxen aus der Stadt. Begleitet von einem letzten Buh, ein Ei fliegt gegen eine Autoscheibe. Dann ist wieder Alltag.

Bis zum Nachmittag. Wieder kommen Menschen zusammen, um sich gegen rechtes Gedankengut zu wehren. "Bunt statt Braun" hatte dazu aufgerufen, und an die 70 Leichlinger schnappen sich Besen, um auf dem Parkplatz an der Wupper symbolisch braunen Dreck wegzukehren. "Wir wollen dafür sorgen, dass Leichlingen vielfältig bleibt", sagt ihr Sprecher, der Witzheldener Pfarrer Stefan Schneider. Wenig später steigen bunte Ballons in den Himmel.

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