Spannung Wenn im Kölner Norden plötzlich das Licht ausgeht

Köln · Eigentlich wollte sich Kommissar Raphael Brandt in der Eigentumswohnung im schicken Colonia-Hochhaus gemütlichen Abend machen. Perfekt würde dieser mit seinen geliebten kölschen Tapas. Von der exklusiven Wohnlage kann er aus luftiger Höhe den Blick über seine Wahlheimat Köln in vollen Zügen genießen.

 Düstere Wolken breiten sich über dem Kölner Stromversorger und seinen Chef Ferdinand Krämer aus.

Düstere Wolken breiten sich über dem Kölner Stromversorger und seinen Chef Ferdinand Krämer aus.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Doch erst wird das Essen nicht geliefert und dann geht plötzlich das Licht aus. Ein Blick aus dem Fenster zeigt, dass der gesamte Kölner Norden vom Stromausfall betroffen ist. Da muss Brandt wohl den Abend mit knurrendem Magen in vollkommener Dunkelheit verbringen.

Auch Ferdinand Krämer hat das Unheil erwischt. Der Chef der Rheinischen Überlandwerke (RÜW) sitzt genauso im Dunkeln wie viele seiner Kunden. Und schlimmer noch – seine Frau Johanna ist durch die plötzliche Dunkelheit auch noch auf der Treppe gestürzt und jetzt richtet sich ihre ganze Wut gegen ihren Mann und sein Unternehmen. Dabei ist sie nicht alleine, am nächsten Tag bricht ein regelrechter Shitstorm über Krämer und die RÜW herein. Sowohl Kunden als auch einige der gestressten Mitarbeiter drohen mit ihrer Kündigung. Die Auswirkungen des Stromausfalls waren für viele verheerend gewesen – ganze Nachtschichten in großen Industrieunternehmen mussten gestoppt werden.

Und es kommt noch deutlich schlimmer. Zum einen drehen jetzt einige Umweltschützer, die schon bei der Rettung des Hambacher Forstes auf die Straße gegangen waren, mächtig auf. Sie haben herausgefunden, dass Krämer sein Versprechen, nur grünen Strom ins Netz einzuspeisen, nicht eingehalten hat. Denn der eingekaufte, herkömmlich erzeugte Strom wurde lediglich umdeklariert. Das wollen sich die Aktivisten auf keinen Fall gefallen lassen. Auch in den Medien der Stadt steht Krämer mächtig unter Beschuss. Der Ruf als umweltfreundliches Unternehmen ist nachhaltig ruiniert.

Da erfährt er von Brandt, dass sein Vertriebschef erschossen im Hambacher Forst aufgefunden wurde. Kurze Zeit stirbt dort auch noch ein Umweltaktivist, ein weiterer wird bei einer Attacke schwer verletzt und liegt im Koma. Dieser hatte Krämer mehrfach persönlich nachgestellt und mit Vorwürfen konfrontiert. Der kölsche Unternehmer versucht das Geschehen auf seine Art zu verarbeiten, er baut auf den kölschen Klüngel mit einflussreichen Freunden wie der bestens vernetzte Unternehmer Jean Baptist Frings, der mit Krämer in der gleichen prominenten Karnevalsgesellschaft Mitglied ist. Die gegen ihn gerichtete Kritik versucht Krämer so gut wie es geht zu ignorieren und leugnet kategorisch alle Vorwürfe gegen ihn und sein Unternehmen, das schon seit Generationen im Familienbesitz ist.

Das wird selbst seinem erfahrenen Pressesprecher zu viel, auch er kündigt und verlässt das sinkende Schiff. Die Gattinnen der beiden Unternehmerfreunde versuchen die Probleme auf ihre eigene Art in den Griff zu bekommen und rücken der Witwe des Ermordeten, Caro Fellinger, mit Kaffee, Kuchen, gut gemeinten Ratschlägen und jeder Menge Klatsch ziemlich pietätlos auf die Pelle. Für Krämer wird es derweil immer enger, sein bester Freund Jean hat in der unrühmlichen Vergangenheit seiner Familie gewühlt und dabei Erstaunliches zutage gefördert. Damit geht er ausgerechnet zu Kommissar Brandt.

Der neue Köln-Krimi „Geheimniskrämer“ von Edith Niedieck ist ein spannender Blick auf die Kölner High Society und auf die undurchschaubaren Machenschaften der Energiekonzerne, die Umweltschützer wütend machen. Dabei ist grade die Frage der nachhaltigen Energieversorgung in Zeiten explodierender Strompreise hochaktuell. Gewürzt ist der Krimi mit viel kölschem Humor und liebevoll gezeichneten Charakteren. Damit schließt Niedeck nahtlos an den Erfolg ihres ersten Köln-Krimis an.

 

Edith Niedieck: Geheimniskrämer, CMZ-Verlag, 274 Seiten, 14 Euro

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