Vater muss Sohn in die 8. Etage tragen

Seit Wochen schon ist der Aufzug im Haus Sauers Weiden 3 kaputt. Mostapha Armanis, diabetes- und herzkrank, muss seinen behinderten Jungen (11) deshalb über die Treppe in die Wohnung bringen.

Burscheid. Die Mieter der Hochhäuser in Sauers Weiden sind regelmäßig gebeutelt vom Ausfall der Aufzüge. Bereits zweimal hat der Bergische Volksbote an dieser Stelle über die Zustände in einem der Häuser des Wohnungsunternehmens Vonovia berichtet. Was allerdings aktuell in dem Nachbargebäude passiert, ist menschlich kaum nach nachvollziehbar.

Vater muss Sohn in die 8. Etage tragen
Foto: Doro Siewert

„Seit drei Wochen ist der Aufzug schon kaputt“, sagt Bastian Pütz. „Und nichts passiert.“ Selbst für den 27-Jährigen ist der Weg über die Treppen in die 8. Etage zu seiner Wohnung eine sportliche Übung. Und für jeden anderen in den oberen Etagen auch. Doch das ist nichts dagegen, was sein Nachbar im selben Stockwerk ertragen muss. Mostapha Arminis, Vater von drei Kindern, muss wegen des Defekts an dem Lift seinen elfjährigen Sohn Samir regelmäßig die Treppen herunter und wieder hinauf tragen. Immer dann, wenn der schwerbehinderte Junge, der nicht selbstständig laufen kann, beispielsweise zum Arzt muss. Wenn der Vater seinen Jungen huckepack nimmt oder auf die Schulter hievt, lacht Samir zwar und freut sich, dass sein Vater dann so nah bei ihm ist, doch für Mostapha Armanis beginnt damit eine Tortur. Er hat Diabetes und ist selbst schwer herzkrank, er hat einen Bypass. Auf dem Weg nach unten muss er erst den Rollstuhl über die Treppe ins Erdgeschoss bringen, dann seinen Sohn. Auf dem Weg zurück geht das Prozedere dann umgekehrt. Routinierte Bauarbeiter würden unter dieser Last wohl ihre Arbeit verweigern.

Laut Bastian Pütz habe man mittlerweile „eine Standleitung“ zur Vonovia. „Dort hören wir immer, wir kümmern uns darum.“ Tatsächlich aber geschehe nichts. Und wenn man die Rufnummer des Unternehmens für die Liftbetreuung, die in dem Aufzug angeklebt ist, anruft, heiße es: „Wir sind nicht zuständig.“ Sogar bei der Stadt sei man gewesen. Dort sei den Bewohnern geraten worden, dem Unternehmen Unterschriftenlisten vorzulegen. Sogar mit einem Anwalt habe Pütz der Firma schon gedroht. „Machen Sie das“, habe ich dann nur gehört.

Viele Nationalitäten wohnen in den Hochhäusern in Sauers Weiden. Und alle seien aufgebracht. „Die Menschen, die hier leben, empfinden es so, das nichts passiert, weil sie Ausländer sind“, sagt Pütz. Es sei normal, wie sie behandelt würden. Das Problem bei Vonovia sei, meint der 27-Jährige: „Das ist keine Wohnungsgesellschaft, das ist eine Kapitalgesellschaft.“ Wie wenig die Verantwortlichen das Schicksal der Bewohner interessiere, zeige sich daran, dass die Probleme mit dem Aufzug nicht neu seien. „Seitdem es hier im Aufzug gebrannt hat, hat der Lift nicht einmal zwei Wochen am Stück funktioniert. Der Brand war im Juli des vergangenen Jahres.

Auf Anfrage reagierte das Wohnungsunternehmen gestern sofort. „Das tut uns leid“, erklärte Sprecherin Bettina Benner. „Wir haben von dem Jungen nichts gewusst.“ Sofort solle ein Tragedienst auf Kosten von Vonovia eingesetzt werden. Der Aufzug ist nach Angabe von Benner seit dem 5. Mai defekt. „Wir müssen Ersatzteile für eine Steuerung bekommen.“

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