Theater im Gemeindesaal: Lina versteht die Menschen nicht

Die Theatergruppe der Evangelischen Jugend zeigte das Stück „Wörter und Körper“.

Burscheid. Nach beinahe einjähriger Vorbereitungsphase feierte das neueste Stück der Theatergruppe der Evangelischen Jugend Burscheid am Samstag Premiere im Gemeindesaal. Das Werk „Wörter und Körper“ aus der Feder des deutschen Schriftstellers und Dramatikers Martin Heckmanns zeigt verschiedene Stationen und Begegnungen der Enddreißigerin Lina Sommer (gespielt von Anna Brand), die scheinbar zufällig stattfinden, am Ende jedoch einen vorgezeichneten Weg offenbaren.

Besucher, die regelmäßig Stücke der Theatergruppe ansehen, konnten auch diesmal bekannte Gesichter auf der Bühne entdecken. Es gab aber auch neue Laiendarsteller zu sehen. Neben den Neuen konnte Regisseurin Anke Theron-Schirmer wieder auf langjährige Weggefährten wie Daniel Kleinschek und Tom Kschamer setzen. „Das ist ja das Schöne daran, dass auch zu den neuen Projekten fast immer wieder neue Leute dazukommen“, sagte Anke Theron-Schirmer.

Die Ideen für die Stückwahl kommen der Gruppe spontan. „Wir setzen uns zusammen und reden. Das Stück, worauf die Gruppe Lust hat, wird dann gespielt“, sagte die Theaterpädagogin. Hauptschauplatz der Handlung von „Wörter und Körper“ ist ein Bahnhofsvorplatz in einer namenlosen Stadt, auf dem die Hauptfigur Lina auf beinahe jeden klischeebeladenen Typus Mensch trifft, den man sich vorstellen kann: Vom schmierigen Geschäftsmann über die betrogene Ehefrau und die hübsche, schnippische Geliebte bis hin zum sich selbst zu wichtig nehmenden Wachmann gerät Lina mit all diesen Charakteren in eine mal mehr, mal weniger banale und gut funktionierende Gesprächssituation.

Die Sprache an sich ist ein zentrales Thema des Stücks und heimlicher Hauptdarsteller. Denn wie phrasenüberladen unsere Alltagssprache oft ist, stellt das Stück teilweise überdeutlich dar und zeigt auf, wie kompliziert es sein kann, seinen Gegenüber wirklich zu verstehen.

Eindrucksvoll war neben der Leistung der Darsteller auch die Inszenierung, die Anke Theron-Schirmer gemeinsam mit ihren Mitstreitern für das Stück konzipiert hatte. So fror die Szenerie oft ein, während die Erzähler der Geschichte, zwei am Rande der Bühne sitzende Obdachlose (Daniel Kleinschek und Dinah Seebach), die dargestellten Dialoge sowohl ergänzten als auch Auskunft über die innere Befindlichkeit der jeweiligen Figur gaben.

Dabei wurde es bisweilen recht philosophisch und frei nach Berthold Brechts Konzept vom epischen Theater sollte der Zuschauer auch hier zum Nachdenken angeregt werden. Thematisiert wurde vor allem das gemeinsame Miteinander, die Wahrnehmung des Gegenübers und die Erwartungshaltung, mit der man an eine andere Person herantritt. Was weiß man über seinen Gesprächspartner oder glaubt es zu wissen? Kennt man die Erwartungen und Wünsche, die der andere an einen stellt?

Wem sich der Zusammenhang zwischen den Figuren und Szenen nicht gleich erschlossen hat, den wird der Dialog zweier Figuren beruhigt haben, die ins Publikum fragten, ob der Zusammenhang denn bereits angefangen hätte. Die einzelnen Szenen des Stücks wurden durch inhaltlich passende Überschriften ergänzt, die dezent an einem mit allerlei Kram beladenen Einkaufswagen der Obdachlosen angebracht waren.

Bevor sich die Darsteller schließlich über einen langen Schlussapplaus freuen dürften, wurde die Geschichte von Lina aufgeklärt. So waren es die ganze Zeit die beiden Obdachlosen selbst, die die Geschichte von Lina erzählten, die verschiedenen Szenen miteinander verknüpften und sie so schließlich, am Ende des Stücks, in ihre Mitte führten. Nach der ausverkauften Premiere am Samstagabend folgte am Sonntag eine weitere Vorstellung.

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