Museum Stadt prüft Rückgabe des Kopfes einer Vishnu-Skulptur an Kambodscha

Köln · Das Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) hat angeregt, den Kopf einer Steinskulptur aus Angkor, der seit 1986 Teil seiner Sammlung ist, an das Königreich Kambodscha zurückzugeben. Forschungen des Museums haben ergeben, dass das Objekt mit hoher Wahrscheinlichkeit in den 1960er Jahren illegal außer Landes gebracht wurde.

 Bis der Vishnu-Kopf möglicherweise an Kambodscha zurückgegeben wird, ist er im Rautenstrauch-Joest-Museum ab dem 11. September Teil der Sonderausstellung „Die Schatten der Dinge #1“.

Bis der Vishnu-Kopf möglicherweise an Kambodscha zurückgegeben wird, ist er im Rautenstrauch-Joest-Museum ab dem 11. September Teil der Sonderausstellung „Die Schatten der Dinge #1“.

Foto: RBA

Das RJM informiert den Kunst- und Kulturausschuss der Stadt darüber, dass man sich über Wege und Möglichkeiten der Rückführung des Objektes mit den kambodschanischen Verantwortlichen austauschen möchte.

Das Museum ist von
sich aus tätig geworden

Oberbürgermeisterin Henriette Reker begrüßt die Initiative des Museums: „Wir können Ungerechtigkeiten der Vergangenheit nicht durch Rückgaben von Objekten ungeschehen machen, aber wir können versuchen, sie aufzuklären, und uns um Heilung bemühen.“ Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach unterstreicht: „Die Aufklärung von Provenienzen ist eine wichtige kulturpolitische Aufgabe. Der Vorstoß des RJM zeigt, dass die Stadt und die beteiligten Institutionen diese Aufgabe ernst nehmen.“ Das Museum ist in diesem Fall von sich aus tätig geworden. Eine konkrete Restitutionsanfrage aus Kambodscha liegt aktuell nicht vor.

Es handelt sich um den Kopf einer Steinskulptur aus der Khmer-Zeit (9. bis 15. Jahrhundert), die die hinduistische Gottheit Vishnu darstellt. An das Kölner Museum gelangte der Kopf im Jahr 1984 zunächst als Leihgabe eines Sammlers für die Sonderausstellung „Das zeitlose Bildnis – Plastische Kunst der Khmer und Thai“. Dieser hatte ihn 1968 bei einem Händler in Bangkok erstanden und legal ausgeführt. 1986 hat das RJM den Kopf durch Ankauf erworben. Seit 2010 ist er Teil der Dauerausstellung „Der Mensch in seinen Welten“ und wird dem Publikum in der Abteilung „Vielfalt des Glaubens“ präsentiert.

Die Blickpunkt-Ausstellung „Tatort Kambodscha“ (2017) im RJM, die sich mit Raub und illegalem Handel von Khmer-Kunst beschäftigte, war der Anlass, sich mit der Khmer-Sammlung des Hauses noch einmal näher auseinanderzusetzen. Gemeinsam mit den Provenienzforschern im Referat für Museumsangelegenheiten und dem Rechtsamt der Stadt hat das RJM den Forschungsstand zum Kopf neu aufgearbeitet. Dabei ging es vor allem um die Fragen, ob der Kopf identisch mit dem einer Vishnu-Skulptur aus Prasat Bakong in Kambodscha ist und wie er von Kambodscha aus in den Handel gekommen ist.

Zwar kann der genaue Weg des Vishnu-Kopfes von Angkor zum Kunsthändler nach Bangkok nicht abschließend geklärt werden. Es deutet jedoch vieles darauf hin, dass er illegal außer Landes gebracht wurde. So verschwanden durch Plünderungen während der gewaltsamen politischen Auseinandersetzungen Mitte der 1960er Jahre viele Skulpturen, Reliefs und andere Kunstobjekte aus Angkor. Über den asiatischen Kunstmarkt und über Sammler weltweit gelangten sie bis in international renommierte Museen. Als eine Drehscheibe im internationalen Kunsthandel fungiert dabei bis heute Bangkok in Thailand.

Hinzu kommen Belege dafür, dass der Kopf identisch ist mit dem verschollenen Kopf der Vishnu-Skulptur aus Prasat Bakong, einer von vielen Tempelbezirken, die zusammengefasst unter dem Namen „Angkor“ berühmt wurden und wozu auch Angkor Wat als eine eigene Tempelanlage gehört. Die Skulptur war 1939 vom „Dépot de la Conservation d´Angkor“ inventarisiert worden. Ihr Kopf gilt als verschollen. Beim Abgleich historischer Fotografien des RJM-Kopfes mit dem Original fielen identische Beschädigungen auf.

„Die Haltung des RJM ist es, sich mit dem Thema Sammlungsobjekte aus Unrechtskontexten intensiv zu beschäftigen und Ergebnisse transparent zu kommunizieren“, sagt RJM-Direktorin Nanette Snoep. „Die kambodschanische Regierung hat zwar bisher keinen ausdrücklichen Restitutionsantrag gestellt, aber vor dem Hintergrund aller Informationen, die uns zu dem Vishnu-Kopf heute vorliegen, scheint es uns in diesem Fall geboten, schon aus ethischen Beweggründen eine Restitution in Erwägung zu ziehen. Die in Angkor beherbergten heiligen Skulpturen werden nach wie vor von der dortigen Bevölkerung verehrt.“

Bis es zu einer möglichen Rückgabe an Kambodscha kommt, ist der Vishnu-Kopf ab dem 11. September Teil der Sonderausstellung „Die Schatten der Dinge #1“. Die Ausstellung nähert sich den besonderen Biografien von vier Objekten aus Kambodscha, Kanada, Neuseeland und Nigeria und erzählt dabei auch von ihren Provenienzgeschichten.

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