Leben auf 40 Quadratmetern

Das Tanzcorps der Luftflotte gehört zu den großen Attraktionen auf den jecken Bühnen. Der BV hat die Aktiven einen Abend lang begleitet.

Köln. Der Karneval hat die Schlussgerade erreicht. In Köln feiern die Jecken in allen Sälen und Hallen. Besondere Attraktionen sind die Tanzgruppen mit ihren akrobatischen Shows. Zu den beliebtesten zählt das Tanzcorps der Luftflotte, das bis zu sieben Auftritte pro Abend bewältigt und das neben dem ganz normalen Berufsleben. Der BV hat die Truppe einen Abend lang begleitet:

18.30 Uhr: Die ersten Aktiven treffen auf dem Parkplatz am Heeresamt ein. Erwartet werden sie von Busfahrer Klaus Neustadt, der die Tänzer zu ihren 118 Auftritten in der laufenden Session bringt. Auf etwa 40 Quadratmetern im Bus findet für das Tanzcorps das Leben zwischen den Auftritten statt. Sie sind für die 34 Tänzer der Gruppe Garderobe, Apotheke, Aufwärm- und Besprechungsraum zugleich. „Jede Ecke im Bus wird genutzt“, sagt Luftflotten-Sprecher Dieter Schmidt.

18.50 Uhr: Der Bus startet in Richtung Düsseldorf, wo das Tanzcorps am Freitagabend seinen ersten Auftritt hat. Auf dem Weg geht Chefstewardess Julia Liever noch einmal alle Tänze durch und erklärt jedem seine Position auf der Bühne. Nachwuchssorgen hat die Gruppe nicht. Für das Probetraining an Aschermittwoch gibt es schon 65 Bewerber. Trainiert für die Session wird das gesamte Jahr.

20 Uhr: Das Tanzcorps trifft im Barabarasaal bei den Düsselnarren ein. Immer im Gepäck ist Elefant Flotti. Das Stofftier ist das Maskottchen der Truppe. Im Foyer des Pfarrsaal wird es beim Aufwärmen ziemlich eng, was auch für die Bühne im Saal gilt. Trotzdem braucht das Tanzcorps nicht lange, um die Narren aus der Landeshauptstadt von den Stühlen zu holen. Erst nach einer Zugabe werden die Tänzer wieder in Richtung Bus entlassen.

20.45 Uhr: Viel Zeit hat Fahrer Klaus Neustadt nicht, um die Tänzer nun zur Lachenden Kölnarena zu bringen. Der Terminplan ist an diesem Abend reichlich eng. Sebastian Mielke gehört zu den Neuen bei der Luftflotte. Der 21-Jährige erlebt gerade seine erste Session. „Mein Vater ist seit 18 Jahren in der Gesellschaft und mein Bruder ist seit dem letzten Jahr als Tänzer dabei“, sagt der 21-Jährige. Wichtig sind ihm der Spaß am Karneval und die Freundschaft im Tanzcorps.

21.15 Uhr: Der Bus ist inzwischen auf der Zielgeraden zur Arena, wo er exakt auf die Minute am Backstage-Bereich vorfährt. In der Halle ist die jecke Party schon voll im Gange und wird von Brings noch mächtig angeheizt. Neu bei der Luftflotte ist auch Schülerin Ricarda Steinbach. „Ich bin erst seit September dabei und habe viel getan, um richtig ins Programm reinzukommen. Dafür habe ich auch zu Hause noch geübt“, sagt die 18-Jährige. Um zum Training kommen, ist sie regelmäßig 45 Kilometer von Kürten nach Köln unterwegs. Jetzt vor 10 000 Menschen aufzutreten, ist für Steinbach ein besonderes Erlebnis: „Das erste Mal war ich etwas nervös. Aber jetzt läuft es.“

21.35 Uhr: Das Tanzcorps wirbelt in der Arena über die Bühne. Genau sechs Minuten dauert der umjubelte Auftritt, bevor sich die Tänzer mit Eintopf stärken können. Seine erste Session als Kommandant durchläuft gerade Thomas Engel, der vom Publikum in der Arena voll begeistert ist. „Es ist ein tolles Gefühl da auf der Bühne zu stehen.“ Viel Wert legt er auf die Sicherheit beim akrobatischen Programm, bei dem die Tänzerin bis zu fünf Meterhoch durch die Luft fliegen. „Das ist unser Markenzeichen und wird im Wurftraining genau geprobt“, sagt der 21-Jährige. Für einen neuen Tanz braucht das Corps etwa zweieinhalb Monate, um diesen auf der Bühne zeigen zu können.

22.15 Uhr: Die Luftflotte bricht in Richtung Gürzenich auf, wo mit der Fernsehsitzung einer der Höhepunkte des Abends ansteht. Vorher macht Chefsteward Bastian Paffenholz seine Leute noch einmal heiß: „Wir wollen den Saal erobern und zeigen wie Karneval richtig geht. Die Leute müssen stehen, wenn wir auf der Bühne sind.“

22.30 Uhr: Im Gürzenich ist man programmtechnisch eine Viertelstunde im Verzug, so dass die Tänzer mehr Zeit zum Aufwärmen an der Garderobe haben. Dort wartet mit Biggi Fahnenschreiber schon die Choreografin der Luftflotte, die von den Aktiven herzlich begrüßt wird. Für Anna-Sophia Sahm war die Tanzgruppe immer das große Ziel: „Ich habe sie mit fünf oder sechs Jahren zum ersten Mal gesehen und wollte da unbedingt mitmachen. Mit 16 kam das das Probetraining“, sagt die 21-jährige Studentin, die am Freitag direkt vom Hörsaal zum Tanzcorps gekommen ist.

23.15 Uhr: Der Auftritt bei der Fernsehsitzung wird zum großen Siegeszug für die Tänzer in Blau und Weiß. Zuerst füllen sie nach der Pause den Saal und werden dann vom stehenden Publikum stehend bejubelt. Ohne eine Zugabe kommt die Truppe hier nicht von der Bühne. „Das war ein Riesenerfolg für uns. Besser geht es einfach nicht“, jubelt der Pressesprecher.

23.30 Uhr: Im Bus wird gefeiert, während die Zeit, um zum letzten Auftritt nach Vogelsang zu kommen, deutlich geschrumpft ist. Vor der Abfahrt gab es noch mal viel Lob von der Choreographin.

0.15 Uhr: Bei der Kostümsitzung des Männerchors Vogelsang zieht die Luftflotte an diesem Abend zum letzten Mal in einen Saal ein. Dort wird von den Tänzern reichlich Improvisation gefordert, bevor es kurz vor 1 Uhr für die Truppe in Richtung Feierabend geht.

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