Corona „Wir haben eine Belegschaft, auf die wir zählen können“

Wie erleben Sie gerade die Situation im zweiten Lockdown?

 Dr. Achim Schloemer ist der Geschäftsführer der Köln Düsseldorfer.

Dr. Achim Schloemer ist der Geschäftsführer der Köln Düsseldorfer.

Foto: KD

Dr. Achim Schloemer: Ein Unternehmen wie die KD ist normalerweise damit beschäftigt, neue Angebote und Geschäftsmodelle für die Kunden zu entwickeln oder Schiffe zu bauen und zu renovieren. Die vergangenen Monate ging es aber bei uns vorwiegend darum, die Liquidität zu sichern, sich um staatliche Subventionen und Hilfen zu kümmern sowie mit den Banken um Kredite zu verhandeln. Unsere Aufgabe ist es jetzt, das Unternehmen in schwierigen Zeiten über Wasser zu halten. Somit ist unsere Arbeit derzeit sehr nach innen gerichtet, und wir haben uns so ein Stück weit von den Kunden entfernt. Dabei warten wir darauf, bis wir endlich wieder loslegen und unsere Kunden begeistern können. Für die gesamte Tourismus- und Freizeitindustrie herrscht im Moment eine unklare Gemengelage. Da kommt es jetzt auf die Stufenpläne und weitere Lösungen der Politik an. 

Was hat sich im Vergleich zum Frühjahr geändert?

Schloemer: Wir konnten Erfahrungen sammeln, haben Hygienekonzepte entwickelt und wissen, wie und wo wir unsere Schiffe einsetzen können. Im vergangenen Frühjahr war noch alles neu und unbekannt. Da hat man noch gedacht, alles wäre nur für eine begrenzte Dauer so problematisch. Und wir konnten ja im Mai auch wieder loslegen, zumindest mit einem Teil unseres Angebotes. Dann kam der zweite Lockdown und wir mussten das geplante Geschäft für den Advent und Silvester komplett abschreiben. Gerade dieses Geschäft ist sehr umsatzreich und für uns daher sehr wichtig. Es konnte nur durch die Hilfspakete etwas kompensiert werden. Wir hätten auch nie gedacht, dass der zweite Lockdown so lange andauert. Positiv ist nur, dass wir keinen unserer Mitarbeiter verloren haben. Wir haben eine Belegschaft, auf die wir zählen können und die für den Neustart bereitsteht.

Wie gestaltet sich derzeit Ihr Berufsalltag?

Schloemer: Etwa die Hälfte der Arbeitszeit verbringe ich derzeit im Homeoffice mit Telefon- und Videokonferenzen. Mein Kalender ist voll, die neue Saison muss schließlich vorbereitet werden. Mit dem Landstrom an den Landungsbrücken wie zum Beispiel in Mainz konnten wir ein Geschäftsmodell erfolgreich weiterentwickeln. Auch dafür muss Zeit investiert werden. Ich selbst habe also genug zu tun. Anders sieht es leider beim Großteil der Belegschaft aus. Die sind jetzt seit elf Monaten durch die Kurzarbeit unfreiwillig entschleunigt worden. 

Wie sehen die Pläne für die diesjährige Saison aus?

Schloemer: Wir haben die Krisenzeit genutzt, uns in manchen Dingen neu aufzustellen. So lag der Saisonstart bei uns immer auf dem Karfreitag zwischen Mitte März und Anfang April. Jetzt werden wir jedes Jahr am ersten Samstag im April in die Nebensaison starten und die Hauptsaison am 1. Mai beginnen. Da planen wir dann auch wieder, mit dem Großteil unserer Flotte an den Start zu gehen. Nur zwei kleinere Schiffe bleiben im Hafen, da dort die Abstandsregeln nicht umgesetzt werden können. Die großen Schiffe stehen zur Verfügung, weil es in absehbarer Zeit keine Partys und ähnliche Events geben kann. Im April bleiben wir maximal flexibel und hoffen auf den Start am 3. April, auch wenn es gerade nicht danach aussieht. Eventuell wird es auch Mitte April, bis wir wieder die Anker lichten können. Unsere Schiffe sind auf jeden Fall bereit zum Einsatz. Wir fahren zunächst mit den festangestellten Mitarbeitern und erweitern dann später mit den Saisonkräften unsere Teams.

Wie konnten Sie die Zeit der Schließung sonst nutzen?

Schloemer: Wir sind derzeit durch die Kurzarbeit nur ein sehr kleines Team, und das hat die Saison vorbereitet, Verträge verhandelt und sich um das Marketing gekümmert. Der Fahrplan für die erste Jahreshälfte steht. Wichtig ist, dass wir möglichst schnell nach dem Neustart in die schwarzen Zahlen kommen. Ein Minus können wir uns in dieser angespannten Situation nicht leisten. Unser Angebot muss daher auf jeden Fall die Kosten decken. 

Wie ist der Stand beim neuen Schiff, der MS Rheingalaxie?

Schloemer: Wie es weitergeht, ist derzeit nicht klar. Die Werft ist in die Insolvenz gegangen, und wir konnten das Schiff wegen festgestellter Mängel nicht abnehmen. Aktuell ist ein Schiedsgutachter beauftragt, der mit viel Aufwand das Schiff untersucht. Ende März bzw. Anfang April werden wir mehr Klarheit haben. Es wird wohl Sommer, bis wir das Schiff übernehmen können. Dann dauert es noch einmal vier Wochen, bis wir es fertig bauen können. 

Wie fällt die Bilanz nach der Wiedereröffnung im Sommer und Herbst 2020 aus?

Schloemer: Die Bilanz fällt noch ganz gut aus. Wir hatten ursprünglich vor Corona mit 34 Millionen Euro Umsatz für 2020 geplant. Herausgekommen sind dann 18 Millionen. Durch die Krise hatten wir einen Verlust von 3,4 bis 3,9 Millionen Euro geplant, am Ende waren es drei Millionen. Das ist ein tiefer Schlag ins Kontor. Unter Berücksichtigung der Abschreibungen, die etwa so hoch waren wie das Negativergebnis, können wir aber immerhin festhalten, dass wir operativ kein Geld „verbrannt haben“. Das können wir als kleinen Erfolg für uns werten. Wichtige Bausteine für uns waren die Kurzarbeit, die Nachverhandlung bei Verträgen und der Verzicht der Mitarbeiter auf Boni und das 13. Gehalt. Was uns weiter an die Grenzen der Belastung bringen wird, ist das große Volumen der Kredite. Mit der Tilgung werden wir auch noch in den kommenden Jahren beschäftigt sein. 

Wie haben die Kunden reagiert?

Schloemer: Es hat ein bisschen gedauert, aber dann hat alles gut funktioniert. Bei der ersten Rundfahrt hatten wir acht Kunden und einen Hund an Bord. Nach drei bis vier Wochen war das anders, gerade die Linien- und die Rundfahrten waren gefragt. Mit festen Sitzplätzen konnten wir auch wieder Abendfahrten anbieten. Unser Hygienekonzept hat gut funktioniert und die Kunden haben uns vertraut. 

Wie wird sich das Freizeitverhalten der Menschen verändern?

Schloemer: Bei den großen Veranstaltungen und Messen werden Hybridformate wichtiger, die das Publikum vor Ort reduzieren werden. Es besteht die Chance, dass Menschen auf Fernreisen verzichten und mehr Urlaub im Inland machen. Das würde uns einerseits zugutekommen, anderseits aber auch belasten, da die internationalen Gäste so ausbleiben. Wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit, dass die Kunden bei ihren Entscheidungen vermehrt berücksichtigen werden. Hier ist unsere Landstromversorgung ein wichtiger Aspekt, aber auch der umweltfreundliche Umbau der Flotte 

Wie sieht Ihr Hygienekonzept auf den Schiffen aus?

Schloemer: Ideal ist das Freideck, da hat man viel Platz und viel frische Luft. Gerade unsere großen Schiffe sind hier ideal. Es gibt keinen Begegnungsverkehr und man kann die Abstände gut einhalten. Bei den Abend- und Brunchfahrten gibt es feste Sitzplätze für die Gäste mit ausreichend Abstand zwischen den einzelnen Tischen. Wir haben innen Plexiglaswände installiert und die Selbstbedienung zugunsten von mehr Service durch unsere Mitarbeiter abgeschafft. Auch hier können sich unsere Gäste also sehr sicher fühlen. Hinzu kommt die Umstellung bei den Lüftungsanlagen auf eine hundertprozentige Frischluftzufuhr. Sobald Schnelltests in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, werden wir auch die Crews regelmäßig durchtesten. 

Was halten Sie von Privilegien für geimpfte Menschen?

Schloemer: Das geht dann in Ordnung, wenn zum Sommerende im September alle Menschen ein Impfangebot bekommen haben. Menschen vorher als nicht geimpft den Zutritt zu verwehren, wird nicht funktionieren. Einen solchen Impfnachweis schließe ich für die KD in dieser Saison aus. Etwas anderes wäre es, wenn ein sozialer Träger seinen Pflegekräften, die alle geimpft sind, eine besondere Veranstaltung auf dem Schiff anbieten möchte. Dann würden wir ein entsprechendes Format anbieten. 

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