Museum Ludwig Wie August Sander die Malerin Marta Hegemann fotografierte

Köln · Das Museum Ludwig zeigt in „August & Marta“ ab dem 16. Oktober eine Präsentation speziell für Kinder. Im Fotoraum wird der Versuch unternommen, ein Kinderzimmer, für das Marta Hegemann 1929 mehrere Wandgemälde entwarf, erlebbar zu machen.

 Die Künstlerin entwirft ein Wandgemälde für ein Kinderzimmer. August Sander hält die Arbeit und das Ergebnis mit der Kamera fest.

Die Künstlerin entwirft ein Wandgemälde für ein Kinderzimmer. August Sander hält die Arbeit und das Ergebnis mit der Kamera fest.

Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln

Außer Fotografien, die August Sander aufnahm, ist davon heute nichts mehr erhalten. Zusammen mit Porträts und Originalgrafiken von Hegemann nähert sich das Museum ihren Entwürfen für die Wandgestaltung und lädt explizit die ganz Jungen dazu ein, sie zu erkunden.

Sie war Lehrerin und
Mutter von zwei Söhnen

Stolz und wild sieht die Malerin Marta Hegemann auf dem Foto von August Sander aus dem Jahr 1925 aus, die früher auch einmal als Lehrerin für Zeichnen und Sport gearbeitet hatte und Mutter von zwei Söhnen war. Bluse und Halskette scheinen irgendwie verrutscht und ins Gesicht hat sie sich allerlei Zeichen gemalt: ein Kreuz, einen Punkt, Vögel – Motive, die man von ihren Bildern kennt.

Als Hegemann vier Jahre später einige Wandgemälde für ein Kinderzimmer entwarf, war es wieder August Sander, der die Arbeit daran und das Ergebnis mit der Kamera festhielt. Zu sehen waren die Gemälde 1929 in der Ausstellung „Raum und Wandbild“ im Kölnischen Kunstverein. Initiiert vom Architekten Hans Heinz Lüttgen, waren acht Maler eingeladen worden, jeweils einen Musterraum zu gestalten. Marta Hegemann hatte zuvor bereits Spielplätze entworfen, hier kam ihr also das Kinderzimmer zu. Andere Musterräume waren unter anderem ein Arbeitszimmer von Franz Wilhelm Seiwert, ein Speisezimmer von Richard Seewald und ein Wohnzimmer von Jankel Adler. Das Kinderzimmer wurde damals jedoch besonders gelobt. Leider gelten die Werke seither als verschollen. Dank der Aufnahmen von August Sander weiß man aber wie sie aussahen – zumindest in Schwarzweiß.

Zwei jeweils zwei mal zwei Meter große Gemälde waren darin zentral. Auf beiden steht ein Kind im Mittelpunkt. Sie sind umgeben von Vögeln, Sternen, Booten, vor beiden liegt ein aufgeschlagenes Buch und beide sind umgeben von Wasser; weit im Hintergrund das Land mit Häusern und Pferdchen. Möglichkeitsräume schafft Hegemann in diesen Bildern, die hinausführen aus dem Alltag in einer Stadt, in einer Familie, in der Schule.

Mit seinem Zelt, Holzpferd und Federschmuck imaginiert sich eines der Kinder nach Amerika zu den First Nations, dessen Konturen im aufgeschlagenen Buch vor ihm zu erkennen sind – eine Form der kulturellen Aneignung, für die das Museum Ludwig mit dem Blick von heute sensibilisieren möchte. Dem anderen Kind sitzt ein Äffchen zu Füßen. Rock mit Schürze mögen andeuten, dass es einem Beruf nachgeht.

Verkleidungen und Rollen beschäftigten Hegemann in all ihrer Kunst. Sie können Freiheit spüren lassen – von sich selbst, der eigenen Lebenssituation – oder verweisen auf Rollenzwänge. Hegemann durfte als Frau damals nicht einfach und überall Kunst studieren, darum wählte sie den Umweg als Zeichenlehrerin. In dem Porträt von August Sander bemalte sie ihr Gesicht und inszenierte sich damit selbstbewusst als Malerin, nicht ohne Augenzwinkern, wie es scheint.

Die Fotografien und Grafiken, die das Museum präsentiert, werden in eine kindgerechte Höhe gehängt. Die Wandgemälde werden in Originalgröße reproduziert. Die jungen Besucher sind eingeladen, aktiv zu werden und dem Schwarzweiß der Fotografien ihre Farbfassung von Hegemanns Gemälden entgegenzusetzen.

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