Kirche Spannender Blick hinter die Kulissen des größten Gotteshauses in Köln

Köln · Das Kölner Domblatt gibt seit 180 Jahren einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen der großen Kathedrale am Rhein. So berichtet der amtierende Dombaumeister Peter Füssenich über die Arbeit im vergangenen Jahr am und für den Dom.

 Am 7. Oktober wurde das Hängegerüst am Nordturm abgebaut.

Am 7. Oktober wurde das Hängegerüst am Nordturm abgebaut.

Foto: Hohe Domkirche Köln, Dombauhüt/Robert Boecker

Außerdem beleuchten Experten historische Details und erzählen spannende Geschichte rund um die größte Kirche der Stadt. Gerade ist die 86. Ausgabe des Domblatts im Domverlag erschienen.

Für den Dom und seine Mitarbeiter stand auch 2021 wieder ganz im Zeichen der Pandemie und ihren Folgen. Die Domschatzkammer war im Lockdown vom 2. November 2020 bis zum 7. Juni 2021 geschlossen. Auch Führungen konnten in dieser Zeit nicht stattfinden. Für die Mitarbeiter der Domhütte bedeutete die Situation wieder mit Regeln wie der Maskenpflicht und dem Abstandhalten zu leben und zu arbeiten. Zugleich sorgten ausbleibende Eintrittsgelder, Führungsentgelte und Spenden für finanzielle Lücken, die zumindest teilweise vom Zentral-Dombau-Verein aufgefangen werden konnten.

Umfassende Reinigung der Fußböden im Kölner Dom

Zugleich ergab sich durch das deutlich geringe Besucheraufkommen die Chance, Reinigungs- und Konservierungsarbeiten durchzuführen, die im Normalbetrieb so nicht möglich gewesen wären. Das galt zum Beispiel für den historischen Mosaikfußboden im Chorbereich genauso wie für den Natursteinboden im Quer- und Langhaus. Durch die Reinigung erstrahlt der Oberkirchner Sandstein wieder in hellen Ockertönen, was auch den Innenraum des Doms insgesamt freundlicher gestaltet.

Zu den größten Herausforderungen des vergangenen Jahres zählte die Abnahme des großen Hängegerüsts am Nordturm der Kathedrale, sodass jetzt beide Türme des Doms seit langer Zeit wieder frei von Gerüsten sind. Im Einsatz war dafür Anfang Oktober ein riesiger Schwerlastkran, der die Blicke vieler interessierter Bürger auf der Domplatte auf sich zog.

Dazu kamen langjährige Schwerpunktbaustellen wie das Michaelportal, die Südquerhausfassade, das Strebewerk an der Südseite des Doms, die Restaurierung der Chorobergadenfenster und die Teilrekonstruktion der Fenster des Welterzyklus. Am Domchor und am östlichen Nordturmpfeiler wurde die 2020 begonnene behutsame Reinigung und Konservierung der mittelalterlichen Trachytbereiche fortgesetzt. Dazu kamen viele weitere kleinere Baustellen im und um den Dom.

Informiert wird im Domblatt auch über die zunehmende Bedeutung der Digitalisierung für die Arbeitsprozesse der Dombauhütte. Das gilt zum Beispiel für die Planung und Vorfertigung neuer Werkstücke, für die Erstellung von Bildhauermodellen sowie für die Schadens- und Maßnahmenkartierung und das Baumonitoring. Im Einsatz sind hier auch Drohnen und hochauflösende Kameras, womit auch nur schwer zugängliche Bereiche des Doms problemlos erfasst werden können. Auch bei der Inventarisierung des Material- und Maschinenbestands hilft die neue Technik. Inzwischen gibt es für den Dom sowohl vom Außenbau als auch vom Innenraum digital erstellte 3D-Modelle.

Einzelne Aufsätze von Experten werfen den Blick auf bestimmte Details im Dom sowie in der Geschichte des großen Gotteshauses. So blickt ein Beitrag von Christian Freigang auf die Chorschrankenmalereien, die sich direkt hinter dem Chorgestühl befinden. Das Werk ist zweigeteilt. Im oberen Bereich werden Heiligenlegenden in eindrucksvollen Kunstwerken erzählt, im unteren Bereich gibt es chronologisch fortlaufende Zyklen von Kaisern und Bischöfen. Der Experte hat sich mit der Darstellung, den Erzählsträngen und den Verflechtungen der beiden Bereiche intensiv auseinandergesetzt.

Ein weiterer Bericht von Astrid Lang hat die vielfältigen Spiegelungen an Stefan Lochners „Altar der Stadtpatrone“ in der Marienkapelle des südlichen Chorrundgangs im Fokus. Dieser wurde in den 1440er Jahren geschaffen. Der Altar hatte ursprünglich seinen Platz in der Ratskapelle Sankt Maria in Jerusalem und kam erst in den Jahren 1809/10 in den Dom. Wer das Kunstwerk genau betrachtet, wird zum Beispiel am Edelstein der Kette eines Jünglings die gemalte Spiegelung der Kirchenfenster der Ratskapelle entdecken. Diese findet sich auch in den glänzenden Beinschienen der Thebäer. Ein weiterer Beitrag von Harald Wolter-Von Dem Knesebeck blickt auf ein weiteres Detail des Altars – eine Urkunde mit Siegel, die der Erzengel Gabriel bei einer Verkündigungsdarstellung gemeinsam mit einem Zepter in der linken Hand hält. Zu sehen ist der Erzengel gemeinsam mit der Gottesmutter Maria auf der Außenseite des Altars.

Zuletzt wird von Michael Puls eine bedeutende Persönlichkeit der Dombaugeschichte porträtiert. Es ist Sibylle Mertens-Schaaffhausen (1797-1857), die Tochter des Kölner Bankiers Abraham Schaaffhausen. Zu ihrem erlesenen Freundeskreis gehörten unter anderem die Schriftstellerinnen Annette von Droste-Hülshoff und Adele Schopenhauer. Die Kunstsammlerin und Archäologin war eine wichtige Mäzenatin des Kölner Dombaus. Sie sammelte Geld für die Erneuerung der Engel über den Chorkapellen, stiftete Skulpturen für das Grabmal des Erzbischofs Konrad von Hochstaden im Dom und organisierte Konzerte zugunsten des Dombaus. Außerdem war sie eine der Protagonistinnen bei der Gründung des Kölner Zentral-Dombau-Vereins. 

Kölner Domblatt, Jahrbuch des Zentral-Dombau-Vereins, Kölner Domverlag, 292 Seiten, 27,80 Euro

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