Kirchenschatz Seide, Gold und Reliquienschädel

Köln · Die Legende um die hl. Ursula ist in Köln noch allgegenwärtig – so zum Beispiel durch die elf schwarzen Tropfen im Stadtwappen, die bis heute an die Stadtpatronin erinnern. Sie werden in den Augen der Kölner auch als Flammen oder Erinnerungstränen beschrieben.

Blick in die aus dem 17. Jahrhundert stammende Goldene Kammer der romanischen Kirche St. Ursula.

Blick in die aus dem 17. Jahrhundert stammende Goldene Kammer der romanischen Kirche St. Ursula.

Foto: step/Eppinger

Eigentlich sind es Hermelinschwänze nach dem Vorbild des bretonischen Wappens. An die hl. Ursula erinnern zudem die Ursulinenschulen, die es in Köln und in ganz Deutschland gibt.

Der Legende nach befand sich die fromme bretonische Königstochter, die im 4. Jahrhundert gelebt haben soll, mit ihren zehn jungfräulichen Gefährtinnen auf der Rückreise von einer Wallfahrt nach Rom. In Köln sollen die elf Pilgerinnen von den Hunnen unter Attila gestoppt und ermordet worden sein.

Aus den elf Jungfrauen
wurden im Mittelalter 11.000 

Durch den mittelalterlichen Reliquienkult wurden aus den elf Jungfrauen 11.000. Nachdem auf einem ehemaligen römischen Friedhof in Köln zahlreiche Gebeine gefunden worden sind, ordneten die Menschen diese Ursula und ihren Jungfrauen zu. Sie verehrten die christlichen Märtyrerinnen, die wegen ihres Glaubens zu Tode gekommen sind, auf eine sehr intensive Art und Weise.

Nirgendwo wird das deutlicher als in der romanischen Kirche in Köln, die den Namen der hl. Ursula seit dem Mittelalter trägt. Ein herausragendes Denkmal der Reliquienverehrung der ursulanischen Jungfrauen ist die Goldene Kammer, die 1644 in ihrer heutigen baulichen Form vollendet wurde. Sie ist das barocke Beinhaus und die Schatzkammer der romanischen Basilika, die im 12. Jahrhundert erbaut wurde.

Schon zuvor gab es eine kleinere Kammer für die wertvollen Schädel und Gebeine. Die heutige Kammer aus dem 17. Jahrhundert hat mit ihrer prächtigen Ausstattung auch den Zweiten Weltkrieg nahezu unversehrt überdauert und gehört bis heute zu den Besuchermagneten bei den Romanischen Kirchen in Köln.

Die Goldene Kammer wurde
im 17. Jahrhundert gebaut

Höchst eindrucksvoll ist der Raum mit seiner mit einem reich geschnitzten, vergoldeten Schleierwerk versehenen Regalkonstruktion mit den Fächern für die textilgefassten Reliquienschädel und Reliquienbüsten. Über dem aufwendig gestalteten Schrankwerk finden sich in Reihen geometrisch und teils auch zu Inschriften geordnete Gebeine. Während die Montagen der Reliquienschädel alle der Barockzeit entstammen, reicht der Bestand an Reliquienbüsten bis ins 13. Jahrhundert zurück.

Seit dem Ende der 90er Jahre laufen die Arbeiten zur Restaurierung der Goldenen Kammer, die bis 2026 beendet sein sollen. Nach mehrjähriger Pause wurden die Konservierung und Restaurierung im Frühjahr 2022 wieder aufgenommen. Die Kammer war daher für mehrere Monate für Besucher nicht zugänglich.

Nun wurde der erste Bauabschnitt, die Restaurierung der Nordseite, erfolgreich abgeschlossen und die ausgebauten Schädel, Gläser und Borden wieder an ihrem angestammten Platz in der Kammer eingefügt. Dabei musste das goldene Schnitzwerk, teilweise unter Einsatz modernster Lasertechnologie, gereinigt, ausgebessert und teilweise auch originalgetreu ergänzt werden.

Rote Seide und Goldstickereien umhüllen die Schädel

Besonders aufwendig gestaltete sich auch die Reinigung und Konservierung der Reliquienschädel mit ihren kostbaren textilen Verzierungen, die jetzt nach der Befreiung vom grauen Staub wieder im ursprünglichen, warmen roten Farbton erstrahlen. Auch hier kam die moderne und schonende Lasertechnik bei Diplomrestauratorin Ulrike Reichert zum Einsatz. Restauriert und konserviert wurden außerdem die Goldstickereien auf den wertvollen Seidenstoffen.

Viele der barocken Gläser, hinter denen die Schädel im Regal liegen, stammen noch aus der Barockzeit. Fehlende Gläser wurden in hoher Qualität durch die Glaswerkstatt der Dombauhütte angefertigt. Sie sind optisch nicht von den Originalen zu unterscheiden.

Damit die Schätze der Romanischen Kirchen wie die Goldene Kammer von St. Ursula weiter für Besucher zugänglich bleiben, braucht es den von Ehrenamtlichen getragenen Kirchenempfang, die nicht nur die Aufsicht führen, sondern die ihren Gästen auch die Geschichte und die Geschichten näher bringen und die deren Fragen beantworten. Hier werden weitere ehrenamtliche Helfer gesucht.

Die wertvollen Reliquien, zu denen etwa 1000 Schädel gehören, finden sich nicht nur in der Goldenen Kammer, sondern im gesamten Kirchenraum von St. Ursula. So sind die Wände unterhalb der Fenster in der 1287 fertiggestellten Chorhalle in Hohlräumen mit Reliquien aufgefüllt. Dazu kommen die um 1500 entstandenen Emporenbüsten im Mittelschiff. Am Schreinsaltar befinden sich der Ursulaschrein und der Ätheriusschrein. Das Ursula-Grabmal hat seinen Platz in der Flucht des Nordseitenschiffs. 

 

Service: Die romanische Kirche St. Ursula befindet sich am Ursulaplatz, etwa gut fünf Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt. Die Basilika hat täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Die Goldene Kammer ist dienstags bis samstags von 10 bis 12 und von 15 bis 17 Uhr sowie sonntags von 15 bis 17 Uhr für Besucher zugänglich.

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