Vorschau Musikalische Lyrik und sprechende Trommeln

Köln · (step) Das Programm in der Kölner Philharmonie hat auch zum Ende der Spielzeit noch viel zu bieten. So trifft Heine’s Lyrik auf improvisierten Jazz, Martin Grubinger bringt sein Schlagzeug zum sprechen, junge Musiker beweisen ihr Können und mit Jan Lisiecki kommt ein gefragter Pianist an den Rhein.

Der Schlagzeuger Martin Grubinger ist am 7. Juni zu Gast in der Kölner Philharmonie.

Der Schlagzeuger Martin Grubinger ist am 7. Juni zu Gast in der Kölner Philharmonie.

Foto: Simon Pauly

Das Sommerfestival sorgt ab dem 28. Juni mit vier Gastspielen dafür, dass auch die Zeit der großen Ferien besondere Kulturereignisse bietet.

Traumbilder von Heinrich Heine: Text trifft auf Musik, Lyrik trifft auf freie Improvisation, Stimme trifft auf Klavier – doch gesungen wird hier nicht. Christian Brückner ist ein bekannter Sprecher. Viele kennen ihn als Synchronstimme von Robert De Niro, an Hörbüchern und Filmen wirkte er mit. Michael Wollny ist ein Meister der Improvisation und einer der innovativsten deutschen Jazzpianisten. Was herauskommt, wenn diese beiden sich am 3. Juni ab 20 Uhr von Lyrik Heinrich Heines inspirieren lassen, ist atemberaubend. Ihre gemeinsamen Auftritte sind ein Wunder an Spontanität: „Christian liebt ungesichertes Terrain“, sagt Wollny. Oft entscheiden die beiden erst spontan auf der Bühne, wie der Konzertabend verlaufen wird.

Sebastian Heindl & Brasssonanz: Sebastian Heindl ist ein Tausendsassa an der Orgel, dem an diesem Instrument nichts unmöglich scheint. Er begann seine musikalische Laufbahn als Sänger im Leipziger Thomanerchor. Danach war er reif für die Königin der Instrumente. „Für mich zählt Kunst nur, wenn sie live vor Publikum musiziert wird“, bekennt der Organist. Zusammen mit dem jungen Ensemble Brasssonanz lässt Heindl die Orgel der Kölner Philharmonie eine vielversprechende Synthese mit dem strahlenden Klang der Blechbläser eingehen. Und weil Sebastian Heindl auch ein begnadeter Komponist und Arrangeur ist, sind am 6. Juni um 20 Uhr den programmatischen Höhepunkten von Bach über Gershwin bis zu eigenen Werken keine Grenzen gesetzt.

Speaking Drums: Martin Grubinger gilt als einer der besten Schlagzeuger der Welt und schafft 1120 Schläge pro Minute, was nur dank eines disziplinierten Fitness-Trainings möglich ist. Dabei geht es ihm nicht um Rekorde. „Es ist unsere verdammte Pflicht, die Zuhörer zu begeistern“, sagt Martin Grubinger. Mit „Speaking Drums“ von Peter Eötvös präsentiert er am 7. Juni ab 20 Uhr ein unterhaltsames Stück Musik, bei dem er selbst Lautgedichte rezitiert und in einen spannenden Dialog mit den hochvirtuos spielenden Musikern der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen tritt. An dessen Pult steht der Finne Tarmo Peltokoski, der mit Anfang 20 bereits als eines der größten Talente der Dirigentenzunft gehandelt wird. Auch auf seine Interpretation der „Schottischen“ von Mendelssohn darf man gespannt sein.

Jugend musiziert: Mehr als eine halbe Million Jugendliche haben seit der Gründung des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ 1964 mitgemacht. Viele von ihnen spielen heute in renommierten Orchestern oder sind Solisten geworden. Und manch eine mag sich daran erinnern, wie sie mit klopfendem Herzen vor die Jury trat. Das Konzert der Bundespreisträger aus NRW ist am 10. Juni ab 20 Uhr ein besonderer Höhepunkt, auch für die jungen Musikerinnen und Musiker selbst. Denn jetzt gilt es nicht mehr, eine Jury, sondern das Publikum zu überzeugen und sich in einem großen Konzertsaal zu beweisen. Zur Freude der Zuhörenden, denn hier spielen die jungen Stars von morgen.

Georges Aperghis „Migrants“: Im Abschlusskonzert der Porträtreihe des Ensembles Resonanz widmet sich die Formation einem neuen, vom Ensemble selbst in Auftrag gegebenen Werk „Migrants“ des griechischen Komponisten Georges Aperghis, das den Geflüchteten, den „Verschollenen unserer Zeit“ gewidmet ist: „Ich möchte ihnen ein Gesicht geben, nicht nur den ertrunkenen Körpern an Europas Küsten, sondern auch den Lebenden, die ohne Identität, nicht länger als lebend erkennbar, durch Europa wandern“, sagt der Komponist. In diesem Werk verschränkt der Komponist Passagen aus Joseph Conrads „Herz der Finsternis“ mit Berichten von Geflüchteten aus Afrika, die die Überfahrt über das Mittelmeer überlebt haben. Am Dirigentenpult steht am 12. Juni ab 20 Uhr der argentinisch-italienische Dirigent Emilio Pomàrico, der als einer der führenden Interpreten zeitgenössischer Musik gilt.

Jan Lisiecki: Ein Rendezvous mit Jan Lisiecki am Klavier ist ein besonderes Erlebnis. Der junge kanadische Pianist mit polnischen Wurzeln hat nicht nur eine perfekte Technik, er ist ein Poet am Klavier. Nie stellt er sich selbst in den Vordergrund, er spielt ohne Tamtam, sucht nach der Essenz der Musik und lässt sein Publikum an dieser Suche teilhaben. „Man trägt eine Verantwortung den Zuschauern gegenüber, man will sie mitnehmen und ihnen einen besonderen Abend bieten. Das ist ja das, was ein Konzert ausmacht, und um das zu erreichen, muss man im richtigen Moment zu hundert Prozent präsent sein“, sagt Jan Lisiecki. Von einem Soloabend wie am 18. Juni um 20 Uhr mit ihm kann man lange zehren.

Anna Lucia Richter & Ammiel Bushakevitz: Für Anna Lucia Richter begann die Freude an der eigenen Stimme im Mädchenchor des Kölner Doms. Längst ist Richter mit ihrem sonnigen Sopran, nach einem Fachwechsel nun Mezzospran, eine der gefragtesten Sängerinnen unserer Zeit. Mit dem israelisch-südafrikanischen Pianisten Ammiel Bushakevitz geht sie am 22. Juni ab 20 Uhr auf die Suche nach dem Licht im Lied – und wird fündig schon bei den mittelalterlichen Minnesängern Walther von der Vogelweide und Oswald von Wolkenstein. Ein weiter Bogen führt über Bach, Mozart, Schubert und Brahms bis ins 20. Jahrhundert.

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