Köln Monstrum und Mutter — die Geschichte einer Kaiserin

Zum 2000. Geburtstag blickt Mario Kramp auf Köln und seine Agrippina.

Köln: Monstrum und Mutter — die Geschichte einer Kaiserin
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Köln. Wie geht man mit einer Stadtmutter um, die in Berichten von Zeitzeugen als wahres Monster beschrieben wird. Machthungrig, männermordend, skrupellos und verführerisch war die römische Kaiserin Agrippina die Jüngere, die vor zwei Jahrtausenden Köln seinen Namen Colonia Claudia Ara Agrippinesium gegeben hat. Der Stadt, die von ihrem Großvater, Kaiser Augustus, gegründet worden war.

Doch wie wurde diese ungewöhnliche Frau in den folgenden Jahrhunderten von den Historikern und den einfachen Menschen gesehen. Heute kennt in Köln jeder ihren Namen und weiß zumindest in Ansätzen über die berühmte Römerin Bescheid. Dabei war das Urteil über die Mutter Neros von der Antike über das Mittelalter bis zum Barock absolut vernichtend. Im Mittelalter wurde ihr Name komplett von der Stadt getrennt und aus Colonia wurde schließlich das heutige Köln.

„Als ich den Auftrag zum Buch übernommen habe, bin ich davon ausgegangen, dass es einfach sein würde die Rezeptionsgeschichte zu Agrippina zu verfassen. Aber in Europa gab es kaum etwas, in Köln gar nichts“, sagt Autor Mario Kramp, der Direktor des Kölnischen Stadtmuseums. Doch trotzdem wird der Historiker bei seiner intensiven Suche fündig und das Gefundene entwickelt sich zur spannenden Geschichte von der Antike bis zur Moderne.

Quasi der Urknall für Agrippina ist die Aufnahme in den Kölner Himmel in Woensams Stadtpanorama aus dem Jahr 1531. Dort thront die Kaiserin neben den Heiligen Drei Königen, Marcus Agrippa und Marsilius auf einer Wolke über dem Eigelstein. Auch Kunstmäzen Ferdinand Franz Wallraf entdeckt Agrippina für sich, so anlässlich der Einführung seines Freundes Nikolaus Dumont als Kölner Bürgermeister. Er schrieb sogar eine Biografie der Kaiserin und will so „die Ehre der Mutter retten“.

Zu sehen gibt es Agrippina im heutigen Stadtbild zum Beispiel als Figur im Rathausturm. Dort schaut schon der kleine Nero mit der Fackel in der Hand aus ihrem Gewand. Die Unterseite des Podests am Turm ziert bezeichnenderweise eine große Vogelspinne. Später taucht Agrippina auch im Kölner Karneval wieder auf, wo sie bis heute über die Figur der Jungfrau in kölschen Dreigestirn vertreten ist. Colonia wird zur Stadtmutter, Agrippina zur historischen Figur. Sie erscheint auch im Rosenmontagszug und auf Karnevalsorden.

Zu sehen ist die berühmte und berüchtigte Römerin ebenfalls in Form einer großen Goldmedaille in der Amtskette der Oberbürgermeisterin. Auch die Agrippina-Versicherung trägt ihren Namen. Dort thront sie bis heute monumental als Statue über dem Hauptportal des Konzernsitzes an der Riehler Straße.

Bei den Zigarren von Joseph Feinhals gibt es 1914 das Agrippina Sortiment. Noch ziemlich neu ist der Kräuterlikör mit dem Namen „Mama Nero“ einer Kölschbrauerei. 1985 wird Händels Oper „Agrippina“ erstmals am Kölner Offenbachplatz aufgeführt.

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