Wirtschaft Messe erwartet noch schwere Jahre

Köln · Es sind schwierige und unsichere Zeiten, denen sich die Köln-Messe auch gut zwei Jahre nach dem Beginn der Pandemie immer noch stellen muss. Neben den nach wie vor hohen Corona-Infektionszahlen belasten der Krieg in der Ukraine, die steigende Inflation und die von den umfangreichen Lockdowns geprägte Situation in China das Messegeschäft.

 Blick auf den Nord-Eingang der Köln-Messe.

Blick auf den Nord-Eingang der Köln-Messe.

Foto: dpa/Oliver Berg

„Wir haben hart gekämpft und sind auf dem richtigen Weg, auch wenn die Krisen noch nicht vorbei sind“, sagt Oberbürgermeisterin Henriette als Aufsichtsratsvorsitzende der Messe bei der Präsentation der Geschäftszahlen für das vergangene Jahr.

2021 konnte die Köln-Messe einen Umsatz von mehr als 130 Millionen Euro verbuchen, musste aber auch einen deutlichen Verlust von rund 80 Millionen Euro hinnehmen. Die Messe habe das vergangene Geschäftsjahr unter den gegebenen Umständen mit einem respektablen Ergebnis abgeschlossen, würdigt Reker das Engagement von Messechef Gerald Böse und seinen Mitarbeitern, die Mut und Durchhaltevermögen bewiesen hätten.

Neue Hauptverwaltung
wird vorerst nicht gebaut

Im vergangenen Jahr gab es 35 Veranstaltungen der Köln-Messe. Darunter waren acht eigene Präsenzmessen auf dem Gelände in Deutz, fünf rein digitale Veranstaltungen wie zum Beispiel die Gamescom sowie zehn Auslandsmessen und zwölf Gastveranstaltungen. Insgesamt nahmen 10.500 ausstellende Unternehmen aus 95 Ländern sowie knapp 470.000 Besucher aus 180 Ländern daran teil. 33 Veranstaltungen mussten 2021 abgesagt oder verschoben werden. Mit der Anuga gab es im Herbst bis dato die größte hybride Messe weltweit.

„Die gute Nachricht ist: Messen sind wieder normal möglich. Unsere Kunden wollen zurück in die Messehallen, das haben unsere jüngsten Veranstaltungen in Köln genauso wie im Ausland gezeigt. Wir sind an der Spitze des Re-Starts. Wir waren Ende Januar 2022 mit der ISM und der Pro-Sweets Cologne wieder die Ersten, die die Tore geöffnet haben. Der Messeplatz Deutschland hat im Vergleich zum Ausland etwas länger gezögert, kommt aber jetzt mit großer Kraft zurück“, sagt Böse, der gerade seinen Vertrag als Messechef bis 2028 verlängert hat. Die Politik in Bund und Land fordert er auf, der Messe und ihren Kunden Planungssicherheit zu geben, um Veranstaltungen vorbereiten zu können, ohne neuerliche spontane Restriktionen im Herbst fürchten zu müssen.

„Unser Messekalender ist gut gefüllt. Das Spiel ist aber längst noch nicht gewonnen. Denn bei aller Freude über die Rückkehr zum physischen Event: Die Dimension der Vorveranstaltungen hat bisher kaum eine Messe erreicht. In dieser Gemengelage müssen wir in der Mischung aus neuer Hoffnung und gebotenem Realismus den richtigen Weg finden“, erklärt Böse. Als nächste größere Veranstaltung geht im Juni die Bildungsmesse Didacta an den Start, gefolgt von den Messen Spoga+Gafa und der Spoga Horse. Im August kehrt dann die Computerspielemesse Gamescom wieder zurück in die Deutzer Hallen.

Zu den Herausforderungen der Messe gehört der richtige Mix aus Liveevent und digitaler Reichweite. Eine weltweite digitale Ausstrahlung soll den Besuch einer physischen Messe wertvoller machen. Dazu kommt die Aufgabe, eine Plattform zu schaffen, auf der Besucher und Aussteller 365 Tage im Jahr im Dialog bleiben können. Auch die verstärkte Kontinentalisierung der Messen, bei der die Köln-Messe wie bei der Orgatec in Tokio ihre Marken von Köln ins Ausland trägt, muss bewältigt werden.

Ebenfalls eine große Herausforderung stellen die notwendigen Investitionen in den Messestandort Köln dar. Dazu zählt der Bau des neuen Kongresszentrums Confex, bei dem man nach Angaben der Messe sehr gut im Zeitplan liegt. „Wir halten auch angesichts erheblicher Kostensteigerungen an der Umsetzung der neuen Event- und Kongresslocation fest, die für Köln dringend benötigt wird und die 2024 wie geplant an den Start gehen soll. Denn aktuellen Herausforderungen können wir dank unserer flexiblen Risiko- und Budgetsteuerung begegnen. Wir werden auch Teile unseres Investitionsprogramms zeitlich strecken“, sagt Geschäftsführer Herbert Marner, der zum 1. Juni in den Ruhestand gehen wird.

Der Personalbestand
soll gehalten werden

Zeitlich verschieben wird sich die Sanierung der zweiten Ebene der Halle 2, die ursprünglich für das laufende Jahr eingeplant war. Zunächst komplett auf Eis gelegt wird dagegen der Bau einer neuen Verwaltung, für die es schon einen Architektenwettbewerb gegeben hatte. Man werde den Mietvertrag für das Messehochhaus verlängern und auch nach 2025 dortbleiben. Mit dem Eigentümer habe man eine Modernisierung bzw. Sanierung des Gebäudes vereinbart, heißt es von der Messe.

Das Eigenkapital des Messe-Konzerns liegt aktuell bei rund 180 Millionen Euro. Von den Gesellschaftern der Messe gab es eine Erhöhung um 120 Millionen Euro, ohne die die aktuell notwendigen Investitionen nicht möglich gewesen wären. Ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf in den kommenden Jahren sei möglich. Gleichzeitig setzt man auf eine konsequente Senkung der Kosten durch Einsparungen. So wurden im vergangenen Jahr insgesamt 90 Millionen Euro an Sach- und Personalkosten unter anderem auch durch die Regelungen zur Kurzarbeit und einen Einstellungsstopp eingespart.

Bei den Mitarbeitern will man auch angesichts des anziehenden Messegeschäfts den Personalbestand halten. Für das laufende Jahr rechnet man bei der Messe noch mit weiteren Verlusten, hofft aber, ab dem darauffolgenden Jahr wieder in die Gewinnzone zurückzukehren. „Angesichts der vielfältigen externen Einflussfaktoren sind unsere Prognosen für das laufende Geschäftsjahr 2022 so volatil, dass sich konkrete Aussagen verbieten. Klar ist aber, dass unser Geschäft davon beeinträchtigt wird, und wir mit einer länger andauernden Delle rechnen müssen. Wir werden vermutlich vor 2025 die Talsohle nicht durchschritten haben“, erklärt Marner.

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