Literatur Buch-Tipp: Ein Taxiblues in der Kölner Nacht

Köln. · Josef Śnobl ist Fotograf und ehemaliger Taxifahrer. Was er am Steuer erlebt hat, beschreibt er in „Nachtfahrt“.

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Foto: Emons/Snobl

Der Sohn eines Rennfahrers
und Automechanikers

Diese Fahrt prägt den Sohn eines Rennfahrers und Automechanikers. Später in seiner Wahlheimat Köln sitzt er selbst zweieinhalb Jahrzehnte am Steuer eines Taxis und absolviert unzählige Nachtfahrten. So erlebt er die Großstadt aus einer höchst ungewöhnlichen Perspektive. Geliebt hat er seinen Job nie, wirklich reich gemacht hat er ihn nur an Erfahrungen, die er nun in seinem Buch in den Texten, Musikstücken und Fotografien festgehalten hat. Sie bieten dem Leser einen ungewohnten wie faszinierenden Blick auf Köln.

Für Śnobl ist es ein Leben in zwei Welten. In der einen ist er elegant als Künstler und Fotograf unterwegs und umgibt sie mit anderen Intellektuellen. In der Nacht wechselt der gebürtige Prager nicht nur die Kleidung, sondern auch seine Position in der Stadt. So mancher Künstlerkollege, dem er tagsüber begegnet, erkennt ihn nicht mehr, wenn er am Steuer seines Taxis sitzt.

Sein Berufsleben beginnt abends um sechs, wenn die meisten anderen Menschen in den Feierabend gehen und endet morgens wieder um sechs, wenn für andere der Tag beginnt. Immer wieder kämpft Śnobl gegen seinen Job und versucht vergebens der Nacht einen Sinn zu geben, wenn er wieder stundenlang warten mussten, um dann einen betrunkenen Fahrgast nur wenige hundert Meter entfernt zu Hause abzugeben.

Was ihm von seiner Zeit im Taxis bis heute geblieben ist, sind die Begegnungen mit höchst unterschiedlichen Menschen, die bei ihm im Wagen saßen und mit denen er in der Großstadt durch die Nacht gefahren ist. Es sind alte Frauen, die mühsam zu später Stunde ihren Einkaufstüten in den Wagen steigen und die den Mann mit ihrer messerscharfen Beobachtungsgabe verwundern. Es sind aber auch junge Prostituierte, die nach einer schweren Nacht endlich wieder nach Hause fahren können. Und es sind auch Frauen, mit denen der Mann am Steuer eine mehr oder weniger lange Beziehung beginnt.

„Ein guter Nachtfahrer
ist wie eine Ratte“

„Ein guter Nachtfahrer ist wie eine Ratte. Er muss scharfe Augen haben, einen guten Riecher, Konzentration, Intuition, Orientierungssinn, Instinkt, Beobachtungsgabe und schnelle Reaktionsfähigkeit. Auch einen Sinn für ungewöhnliche Situation und Atmosphären muss er besitzen. Menschenkenntnis setzt man bei ihm voraus. Jede dieser Eigenschaften kann sich als lebensrettend erweisen“, schreibt Śnobl.

Denn die Nacht bringt auch gefährliche Situationen. Räuber haben es auf die Einnahmen abgesehen. Brutale Schläger und Kriminelle nehmen sich ein Taxi und werden zur Gefahr für dessen Fahrer. Auch stockbetrunkene und hilflose Personen muss der Mann im Taxi bewältigen genauso wie so manches Tier vom Hund bis zum Hausschwein. Auch der Kampf mit manchem Kollegen muss in der Nacht ausgefochten werden. Dazu kommt die ewige Warterei, aber auch so manches unvergessliches Erlebnis, der schönen und philosophischen oder auch der prominenten Art.

Buch: Josef Śnobl: Nachtfahrt – ein Taxiblues, Emons-Verlag, 242 Seiten, 25 Euro

Ausstellung: Mit den Fotografien von Josef Snobl gibt es vom 24. bis zum 26. Januar eine Ausstellung in der Ehrenfeld Kolbhalle, Helmholtzstraße 8.

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