Stadtbahn KVB geht bei der Entwicklung von Stadtbahnen neue Wege

Köln · Für die modernen Niederflurfahrzeuge wurden im Museum Thielenbruch der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) so genannte Ergonomie-Mockups aufgestellt: jeweils ein 1:1-Anschauungsmodell einer Fahrerkabine und eines Mehrzweckbereichs, dessen Gestaltung vor allem für Menschen mit Behinderung bedeutend ist.

 Der Mehrzweckbereich der Stadtbahn wurde in einem 1:1-Modell nachgebaut.

Der Mehrzweckbereich der Stadtbahn wurde in einem 1:1-Modell nachgebaut.

Foto: Seelbach/KVB

Vertreter von Behindertenverbänden und mobilitätseingeschränkte KVB-Miterabeiter konnten anhand dieses Nachbaus testen, ob die bisherigen Entwicklungen für sie hilfreich und nutzbar sind sowie Verbesserungsvorschläge machen. Dabei geht es beispielsweise um die Anordnung von Haltegriffen und -stangen oder Anforderungsknöpfen und Ähnliches.

Anhand von Farbmustern konnten Kontraste im Fahrzeug veranschaulicht werden. Darüber hinaus konnte man sich mit einer VR-Brille virtuell durch das komplette Fahrzeug bewegen – ein beeindruckendes Erlebnis für alle Teilnehmer. Fahrer der KVB konnten den Fahrerstand begutachten und ihre Anregungen und Wünsche äußern. Das Ausprobieren, Sehen und Erkunden hat bei allen Beteiligten zu Erkenntnissen und besserem Verstehen geführt. Im weiteren Entwicklungsprozess sollen diese Erkenntnisse gebündelt und Lösungen entwickelt werden.

Im Frühjahr kommt das Anschauungsmodell für Bürger

An den Mockups und mit Hilfe der VR-Brille fanden zudem intensive Abstimmungen zwischen KVB und dem Hersteller über die weitere Entwicklung des Fahrzeugs statt. Im nächsten Frühjahr wird ein weiteres, zwölf Meter langes und zehn Tonnen schweres Mockup in Thielenbruch aufgebaut, mit dem der komplette vordere Teil einer Stadtbahn nachgebaut wird. Dann werden auch interessierte Bürger die Möglichkeit haben, sich über den Entwicklungsstand zu informieren.

„Die neuen Stadtbahnen spielen beim Ausbau und bei der Attraktivierung des ÖPNV eine wichtige Rolle. Wir wollen unsere Mitarbeiter und Kunden so weit wie möglich in die Entwicklung der neuen Fahrzeuggeneration einbeziehen. Wir freuen uns, dass uns dabei moderne Technologien wie beispielsweise die VR-Brillen zur Verfügung stehen, denn das macht es natürlich noch spannender und effektiver.“, sagt KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks.

Der Hersteller hat den Auftrag für die Lieferung von 62, rund 60 Meter langen durchgängigen Niederflurfahrzeugen (Langzüge NF12) sowie zwei, rund 30 Meter langen Niederflurfahrzeugen (NF6) bekommen. Nach der Ertüchtigung der Ost-West-Achse sollen auf den Linien 1 und perspektivisch auch auf der Linie 9 rund 90 Meter lange Zugverbände fahren. Diese setzen sich jeweils aus einem NF12 und einem NF6 zusammen. Nach Angaben der KVB kann so die Kapazität auf diesen Linien um bis zu 50 Prozent erhöht werden. Diese Erweiterung sei dringend nötig, um dem steigenden Fahrgastaufkommen Rechnung zu tragen.

Das Investitionsvolumen für die Beschaffung der neuen Fahrzeuge liegt bei rund 363 Millionen Euro. Weiterhin umfasst der Auftrag Optionen für den Kauf von bis zu weiteren elf NF12 und 25 NF6, die für die verschiedenen Ausbauprojekte im KVB-Streckennetz benötigt werden. An Fördermitteln stehen für dieses Projekt bis 2031 insgesamt rund 84 Millionen Euro zur Verfügung, die jetzt von der Stadt bewilligt worden sind. Die von der KVB zu tragenden Investitionen werden über Gesellschafterdarlehen der Stadt finanziert. Die Lieferung der Serienfahrzeuge beginnt ab Ende 2024.

Die neuen Bahnen sollen sich laut KVB mit ihrer modernen Ausgestaltung deutlich von den Bestandsfahrzeugen der KVB abheben. Im Vergleich zum heutigen Fahrzeugkonzept, bei der zwei Kurzzüge miteinander zu einer Doppeltraktion gekuppelt werden, besteht die neue Fahrzeugserie aus durchgängigen Langfahrzeugen. Das heißt auch, dass es bei der normalen Doppeltraktion keinen Kupplungsbereich mehr geben wird und eine Gefahrenquelle für Unfälle minimiert wird.

Ein NF12 hat im Vergleich zu einer heutigen Doppeltraktion pro Seite zwei zusätzliche Fahrgasttüren und insgesamt zehn statt bislang acht Doppeltüren. Ziel sei es, das Ein- und Aussteigen zu beschleunigen und eine bessere Verteilung der Fahrgäste im Fahrzeug zu erreichen, heißt es von der KVB. Die Mehrzweckbereiche sind offen und großzügig gestaltet, das Innendesign ist hell, freundlich, modern und einladend. BeideBaureihen sind mit CO2-Klimaanlagen ausgestattet, die energieeffizient und umweltfreundlich arbeiten. Die Fahrzeuge verfügen zudem über ein Kollisionswarnsystem, das mittels Sensoren Objekte in bis zu 80 Metern Entfernung erkennen kann. Abhängig von der Geschwindigkeit der Stadtbahn und dem daraus resultierenden Bremsweg wird das Fahrpersonal frühzeitig durch das System gewarnt.

Die Fahrzeuge sind zudem mit Sensoren ausgestattet, die eine vorausschauende Instandhaltung ermöglichen sollen. Dadurch sollen sie künftig deutlich weniger in der Werkstatt gebunden sein als es heute der Fall ist. Ein weiteres Merkmal der neuen Generation ist die Ausstattung mit modernen Kundeninformationssystemen, die beispielsweise über Bildschirme den Fahrgästen Informationen zur Verfügung stellen.

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