Bildband Kathedralen im Kölner Untergrund

Köln. · Barbara Schock-Werner und Fotograf Maurice Cox werfen ihren ganz eigenen Blick auf die 40 U-Bahn-Stationen der Stadt.

Maurice Cox zeigt die U-Bahn-Station „Äußere Kanalstraße“ mit seiner Spezialkamera in einem ganz anderen Licht. Zu sehen sind diese besonderen Breitformate auf den ausklappbaren Seiten im Buch, die es zu jeder Station gibt.

Maurice Cox zeigt die U-Bahn-Station „Äußere Kanalstraße“ mit seiner Spezialkamera in einem ganz anderen Licht. Zu sehen sind diese besonderen Breitformate auf den ausklappbaren Seiten im Buch, die es zu jeder Station gibt.

Foto: Greven/Maurice Cox

Die meisten Menschen nutzen sie beim Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen mehrmals täglich. Doch kaum einer würdigt die Kölner U-Bahnhöfe – da fällt der schnelle Blick nur auf die Anzeigetafeln, auf die mehr oder weniger funktionierenden Rolltreppen oder auf die oft überfüllten Bahnen. Für manchen sind die Stationen nur dreckige Unorte, für andere Tempel des schnellen Transits durch die Großstadt. Sie werden meist durcheilt, der längere Aufendhalt passiert in der Regel eher unfreiwillig, weil die nächste Bahn auf sich warten lässt.

Beim Besuch im Neptunbad die Kölner U-Bahn entdeckt

Auch die frühere Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner hatte die unterirdischen Verkehrsstationen lange nicht in ihrem mit umfangreichen architektonischen Wissen ausgestattetem Blickfeld. „Solange ich im Dienst war, habe ich mich eher auf die Mitte der Stadt konzentriert. Aber irgendwann habe ich mir ab und zu etwas Wellness gegönnt und bin mit der U-Bahn zum Neptunbad nach Ehrenfeld gefahren. Als ich ausgestiegen bin, dachte ich, was ist das für eine tolle Haltestelle. In Paris, London und Budapest war ich viel mit der U-Bahn unterwegs, ich Köln war das lange nicht der Fall. Die Stationen sind Orte, die einem vertraut sind, die man aber wahrnimmt, ohne sie wirklich zu sehen. Das hat sich jetzt für mich grundlegend geändert“, sagt die Kunsthistorikerin und Architektin.

Die Lieblingsstation der Autorin ist die Äußere Kanalstraße

So entstehen Kolumnen und auch der WDR wird auch die neue Leidenschaft der früheren Dombaumeisterin aufmerksam. „Schade war nur, dass man so nur zwei oder drei Haltestellen vorstellen konnte. Ich wollte aber alle 40 präsentieren. So kam die Idee zum Buch, für das ich den Greven Verlag angesprochen habe. Dort war man zunächst skeptisch. Heute ist man für das Projekt aber Feuer und Flamme.“

Barbara Schock-Werners Lieblingsstation ist die der Linien 3 und 4 an der Äußeren Kanalstraße. „Diese Station ist einfach genial und unglaublich gut gemacht. Zunächst wirkt sie etwa düster, dann entfaltet sie ihre volle Pracht.“ Dass diese auch im neuen Buch „Linienführung. Die Kölner U-Bahn-Stationen“, das gerade erschienen ist, sichtbar wird, dafür sorgt der Fotograf Maurice Cox, der schon in der dritten Generation in seinem Beruf arbeitet und der sein Atelier am Klüngelpütz 29 hat, wo schon die Fotowerkstätte Hugo Schmölz beheimatet war.

Mit einer Spezialkamera macht er im menschenleeren Kölner Untergrund seine Aufnahmen, die sich oft aus mehreren Bildern zusammenfügen und die vor allem im extremen Breitformat voll überzeugen können. Dazu hat man, was in diesem Umfang ungewöhnlich ist, allen 40 U-Bahn-Haltestellen sogenannte Altarfalzungen beigefügt, also ausklappbare Seiten, die Platz für die besonderen Formate bieten. Das passt gut zu den unterirdischen Kathedralen und zur früheren Dombaumeisterin.

„Die Bilder sind als Erklärungen gedacht. Sie zeigen bekannte Orte aus einer neuen Perspektive wie zum Beispiel den U-Bahnhof Appellhofplatz, der so eine neue Würde und Ästhetik bekommt. Die Kamera ermöglicht Aufnahmen, die sehr nahe an den menschlichen Sehgewohnheiten sind. Gerade durch die Farben und Formen bekommen diese Bilder ihre besondere Erhabenheit. Als wir alle U-Bahn-Stationen zusammen abgefahren sind, um für den Druck die Farben zu überprüfen, war das für mich wie eine Reise in eine neue Welt“, schwärmt Verleger Damian van Melis.

Die Orte der Massenbewegung in Köln haben alle ihre ganz eigene Gestaltung und sind alle mit Grips und Esprit gebaute Kunstwerke – mal klassisch mit den Kachel-Künsten der 70er Jahre, mal wie die Zwischenebene unter dem Heumarkt in ihrer Größe und Höhe und dem Sichtbeton fast schon mit einer Kathedrale vergleichbar. Genau vor 50 Jahren ging die erste Kölner U-Bahn in Betrieb.

Die Autorin hat zu jeder Haltestelle aufwendige Recherchen betrieben und in Erfahrung gebracht, wie diese aus dem Zusammenspiel namhafter Architekten und Künstler entstanden sind. Zu jeder Station hat sich Schock-Werner ein kritisches Urteil gebildet, das in ihre Texte eingeflossen ist. „Mit den Texten und den Bildern wollen wir diese unauffälligen Orte, die eigentlich zur Stärke der Stadt gehören, wieder ins Bewusstsein der Menschen zurückholen und so in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken“, sagt van Melis

Barbara Schock-Werner/Maurice Cox: „Linienführung. Die Kölner U-Bahn-Stationen, Greven-Verlag, 192 Seiten, 35 Euro

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