Industriekultur mitten im Grünen

Im Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer wird seit zehn Jahren Geschichte wieder lebendig.

Leverkusen. Idyllisch ist die Landschaft in Freudenthal unweit des Schlebuscher Zentrums. Schafe weiden friedlich unweit eines Teiches, Bäume spenden auch im Sommer Schatten und die kleinen Fachwerkhäuser sind liebevoll gepflegt. Mittendrin liegt das Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer, das vor zehn Jahren seine Pforten für Besucher geöffnet hat.

Industriekultur mitten im Grünen
Foto: Stephan Eppinger

Seine Geschichte reicht weit zurück — zu einem Reckhammer, dessen Ursprünge sich bis ins Jahr 1778 zurückverfolgen lassen. Dort gründeten die Sensenschmiede Henrich-Peter und Franz Carl Kuhlmann 1837 ihr Unternehmen. Betrieben wurden die Maschinen mit Wasserkraft der Dhünn. Schon bald genossen die Sensen und Sicheln aus dem Hause Kuhlmann einen guten Ruf. Das Wahrzeichen der Firma, die Herz-Marke, wurde 1859 beim Königlichen Gewerbegericht in Solingen eingetragen.

Stetes Wachstum, das um 1900 seinen Höhepunkt erreichte, begleitete die Entwicklung des Unternehmens H. P. Kuhlmann Söhne. 76 Mitarbeiter stellten bis zu 200 000 Sensen und Sicheln pro Jahr her. Allerdings sorgten neue Maschinen wie Mähdrescher insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg für starke Umsatzrückgänge. 1987 stellte Leverkusens ältester Industriebetrieb die Produktion ein. Sensen und Sicheln kommen heute in der Regel aus China, Südamerika oder der Türkei. Das einzige europäische Unternehmen gibt es noch in Österreich — seine Produkte werden auch im Sensenhammer noch verkauft.

Wie das damals in der besten Zeit des Unternehmens war, können die Menschen heute im Industriemuseum noch hautnah erleben. Bereits 1991 gründete sich der Förderverein Freudenthaler Sensenhammer, der Träger des Museums, das 2005 seine Dauerausstellung eröffnete. Erleben können Besucher dort in den alten Werkshallen die Herstellung einer Sense, die 30 Arbeitsschritte umfasst.

Zu sehen gibt beispielsweise die alte Schmiedehalle, in der auch regelmäßig Konzerte, unter anderem im Rahmen der Jazztage, und andere Veranstaltungen stattfinden. Gearbeitet wurde zum Beispiel an der Sensenschere, an der das Werkstück seine endgültige Form erhält. Besucht werden können auch die Reckerei, die Schleiferei oder die Poliererei. Insgesamt gibt es im Sensenhammer acht Schmiede, darunter auch noch ein ehemaliger Fabrikmitarbeiter, die ihr Gewerk live an den Schwanz-, Reck- und Breithämmern präsentieren. So manche Maschine ist über 100 Jahre alt.

Zu sehen gibt es im ehemaligen Lagerbereich unter dem Dach die Menschen, die in der alten Fabrik gearbeitet haben. Manche wie die Schleiferin Maria leben bis heute in den Arbeiterhäusern, die rund um den Sensenhammer gebaut wurden. Gezeigt wird auch der Einsatz von Sensen und Sicheln in der Landwirtschaft von der Bronzezeit bis Ende 1937, als sich die Mähdrescher immer mehr durchsetzten.

Raum gibt es im Industriemuseum zudem für Sonder- und Kunstausstellungen. Derzeit präsentieren sich in insgesamt zwölf Stahlschränken Museen und Initiativen des Netzwerks Industriekultur Bergisches Land wie das LVR Industriemuseum Schauplatz Solingen oder die Bergische Museumsbahn. Zu sehen gibt es die Schau noch bis Anfang September.

SERVICE

Museum Ort: Freudenthal 68 (Bus 222 vom Bahnhof Opladen bis Haltestelle „Von-Diergard-Straße“). Öffnungszeiten: dienstags bis donnerstags 10 bis 13, freitags 14 bis 17 Uhr und am Wochenende von 12 bis 17 Uhr. Eintritt 4,50 (ermäßigt 2.50) Euro.


Angebote Zu den Angeboten zählen unter anderem Technikkurse für Grundschulklassen, Schmiedeangebote für demenziell erkrankte Menschen oder Führungen für ältere und bewegungseingeschränkte Senioren.


Standesamt Der Sensenhammer ist auch ein Leverkusener Ort für das Standesamt.


Nacht der Schmiedefeuer Am 7. August gibt es von 19 bis 22 Uhr die Nacht der Schmiedefeuer, bei der das Schmieden in verschiedenen Techniken gezeigt wird. Weitere Orte sind neben dem Sensenhammer auch das LVR-Industriemuseum Oelchenshammer in Engelskirchen oder der Stellershammer in Lindlar.


Jubiläum Am 16. August gibt es von 11 bis 17 Uhr das große Jubiläumsfest des Museums. Schmiedevorführungen gibt es um 14, 15 und 16 Uhr. Dazu kommen Mähübungen mit der Sense und eine Präsentation von Museumsimker Reiner Höller. Der Eintritt ist frei.
www.sensenhammer.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort