Interview „Filmfestivals sind jetzt in der Krise wichtig, um die Kinos zu erhalten“

Köln · Der französische Filmemacher Michel Hazanavicius gilt als einer der vielseitigsten Regisseure des Gegenwartskinos. Zahllose Preise, darunter ein Oscar für die in Schwarz-Weiß gedrehte Stummfilm-Hommage „The Artist“, ehren den gebürtigen Pariser, der sich darüber hinaus mit den poppigen Agentenfilm-Parodien der „OSS 117“-Reihe rund um Jean Dujardin, dem Tschetschenien-Drama „The Search“ sowie dem quirligen „Godard Mon Amour“ als Allrounder des französischen Genrekinos einen Namen machen konnte.

 Regisseur Michel Hazanavicius bei der Preisverleihung des Film Festivals Cologne im Kölner E-Werk.

Regisseur Michel Hazanavicius bei der Preisverleihung des Film Festivals Cologne im Kölner E-Werk.

Foto: Film Festival Cologne/ Raphael_S/Raphael Stötzel

Beim am vergangenen Donnerstag zu Ende gegangenen Film Festival Cologne präsentierte Hazanavicius seinen neuesten Film „Final Cut Of The Dead“, mit dem bereits das Filmfestival in Cannes eröffnet worden war. Der Film ist ein humorvolles Remake des japanischen Überraschungserfolgs „One Cut From The Dead“, bei dem an einem Filmset die Zombies für reichlich gruseliges Chaos sorgen.

Im E-Werk wurde Michel Hazanavicius mit dem Filmpreis Köln geehrt, der von der Film- und Medienstiftung NRW und der Stadt Köln vergeben wird. Erhalten haben diesen Preis bereits Filmgrößen wie Steve McQueen, Nicolas Winding Refn, Luca Guadagnino, Jane Campion, Claire Denis, Paolo Sorrentino, Lars von Trier und David Lynch. Im Interview spricht Hazanavicius über den Preis, seinen neuen Film und die Bedeutung der Filmfestivals für das Kino. 

Nach dem Agentenfilm nehmen Sie nun das Horror-Genre aufs Korn. Was hat sie daran gereizt?

Michel Hazanavicius: Es ging eigentlich nicht um eine Parodie von Horrorfilmen. Der Fokus lag klar auf einem Remake des japanischen Films „One Cut From The Dead“, was mir als Regisseur von einem Produzenten angeboten wurde. Mir hat die spezielle Energie, die dieser Film mit seinen Zombies ausstrahlt, auf Anhieb gefallen. Das war eigentlich schon Comedy. Ich bin sonst kein Fan von Zombie-Film. Für die Vorbereitung habe ich mir aber natürlich einige dieser Filme angeschaut. 

Was halten Sie von Halloween, das auch jenseits des angelsächsischen Raums immer mehr Fans bekommt?

Hazanavicius: Das ist eine populäre Geschichte, die aber bei uns eigentlich keine Tradition hat. Natürlich ist es lustig, sich gruselig zu verkleiden, und ich gönne den Leuten ihren Spaß. Ich mag persönlich aber eher den mexikanischen „Dia de Muertos“, mit dem die Menschen am Vorabend von Allerheiligen auf ihre ganz eigene Art und Weise mit einem farbenprächtigen Volksfest das Gedenken an die verstorbenen Familienmitgliedern zelebrieren. 

Was sind die Veränderungen, die Sie am ursprünglichen Filmstoff vorgenommen haben?

Hazanavicius: Ich habe als Regisseur immer Respekt vor dem, was andere Filmemacher produziert haben. Aber jeder hat bei seinen Filmen seine ganz persönliche Handschrift. Die zentralen Charaktere und die Kernhandlung sowie auch die japanische Musik sind bei „Final Cut Of The Dead“ erhalten geblieben. Verändert haben sich aber die Art des Humors und damit auch die Witze im Film. 

Mögen Sie den japanischen Film?

Hazanavicius: Ich liebe den japanischen Film. Die Art, wie die Menschen untereinander agieren und wie sie Konflikte lösen, ist ganz anders als bei uns in Europa. Wir akzeptieren Konfliktsituationen, während Japaner bemüht sind, diese zu vermeiden. Insofern werden Konflikte dort zwischen den Charakteren im Film auch weit weniger direkt und heftig ausgetragen. Das ist eine ganz andere Kultur des zwischenmenschlichen Umgangs. 

Wie erleben Sie als Filmemacher im Moment die Situation des Kinos?

Hazanavicius: Wir haben im Moment eine sehr schwierige Periode für das Kino. Die Bedeutung der Streamingplattformen im Internet wächst und die Menschen sind dabei, ihre Gewohnheiten zu verändern. Als Regisseur versuche ich, das Beste zu leisten, um gute Filme zu machen, welche die Leute zurück ins Kino holen. Ich hoffe, dass das uns auch gelingen wird. Einen Film zwei Stunden lang im Kino auf der großen Leinwand mit vielen Leuten zu erleben, ist etwas ganz anderes, als zu Hause im Wohnzimmer den Film zu streamen. Aber es gibt immer noch die Pandemie, die vielen Sorgen bereitet, und jetzt in der Krise wollen die Leute auch immer weniger Geld zum Beispiel für Kinokarten ausgeben. Dem können wir nur mit wirklich guten Kinofilmen etwas entgegensetzen. 

Was bedeutet für Sie der Filmpreis Köln?

Hazanavicius: Für mich ist das die erste Begegnung mit der Stadt Köln und ihrem Filmfestival, die mir aber bislang sehr gut gefallen hat. Die Liste der bisherigen Preisträger ist sehr prestigeträchtig. Und ich freue mich, bei so einem Festival einen Preis zu bekommen. Filmfestivals sind in Krisenzeiten sehr wichtig, um das Kino als Institution zu erhalten. Es ist sicher nicht einfach, so etwas zu finanzieren und sein Publikum zu finden. Aber wenn das gut funktioniert, hilft es uns Filmemachern genauso wie den Kinos. Mit gefällt auch Köln – ich war bereits gut zwei Stunden in der Stadt unterwegs. Die freundlichen Begegnungen beim Filmfestival waren ebenfalls eine sehr angenehme Erfahrung für mich.

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