Bergkristalle Eintauchen in die magische und wunderbare Welt der Bergkristalle

Köln · Bergkristall ist ein Wunder der Natur, das die Menschen schon immer fasziniert hat. Steinhart, kühl wie Metall und doch rein und zerbrechlich wirkend wie Glas. Bereits in der Jungsteinzeit wurden wegen der Härte des Materials Pfeilspitzen daraus hergestellt.

Der Albinusschrein aus der romanischen Kirche St. Pantaleon trägt auf dem Kamm seines Daches kunstvoll gefertigte Bergkristallkugeln.

Der Albinusschrein aus der romanischen Kirche St. Pantaleon trägt auf dem Kamm seines Daches kunstvoll gefertigte Bergkristallkugeln.

Foto: Stephan Eppinger

Auch im alten Ägypten und in der Antike wurden Gegenstände aus diesem Material gefertigt. Die Wikinger nutzten das Bergkristall, um daraus Lupen herzustellen. Diese Vergrößerungsfunktion und die faszinierende Transparenz des Materials wurde im Mittelalter dazu verwendet, um wertvolle Reliquien aufwendig in Szene zu setzen. So entstanden im Laufe der Jahrhunderte kunstvoll gefertigte Werke in einer großen Bandbreite – von Gefäßen für Heiliges und Profanes über Kreuze und Schachspiele bis hin zu Schmuck und Amtszeichen. 

Viel Stoff
für Legenden

Das Bergkristall war lange von einer wunderbaren, fast schon magischen Aura umgeben, die Stoff für Legenden bot. So nahm man an, es handele sich bei Bergkristall um zu ewigem Eis erstarrtes Wasser. Daher fertigte man daraus Objekte mit der Aura des Göttlichen oder baute wie bei Amuletten auf den Schutz des Bergkristalls vor dem Übel der Welt. All diese Facetten vereint das Kölner Museum Schnütgen jetzt in einer großen Sonderausstellung im Kulturzentrum am Neumarkt.

Es ist die erste Schau weltweit, die auf die Rolle des Bergkristalls in der alten Kunst blickt. Dabei liegt der Fokus auf dem Mittelalter. Einige Objekte erlauben aber auch den Blick weiter zurück in die Geschichte. Zu sehen gibt es neben Objekten aus der eigenen, umfangreichen Sammlung auch 130 Leihgaben aus ganz Europa. Viele dieser Kunstschätze haben zum ersten Mal das Land und die Institution verlassen, wo sie normalerweise zu bewundern sind. eben den Leihgaben aus deutschen und europäischen Museen sind so zum Beispiel auch wertvolle Objekte aus französischen Kirchenschätzen ab Freitag in Köln zu sehen. 

Direkt zu Beginn des Rundgangs erwartet die Besucher ein echtes Schwergewicht. Stolze 490 Kilogramm bringt diese riesige Bergkristallstufe auf die Waage. Sie stammt aus Arkansas in den USA. Die vielen unterschiedlichen Transparenzgrade zeigen eindrücklich, was in der Welt der Bergkristalle alles möglich ist. Direkt daneben fällt der Blick auf ein Stück Kölner Handwerksgeschichte. Bei Grabungen im Rahmen des Baus der Nord-Süd-Bahn fanden Archäologen 2005 die Überreste einer Bergkristall-Schleiferei aus dem 12. Jahrhundert. Dazu gehören Werkzeuge genauso wie 60.000 Splitter des wertvollen Arbeitsmaterials. Spezialisiert war die Werkstatt auf kleinere Objekte wie Bergkristalle zur Verzierung von Heiligenschreinen. Beispiele aus der romanischen Kirche St. Pantaleon in Köln finden sich gleich nebenan. Die Schreine erinnern in ihrer Form an Häuser und tragen auf dem Kamm ihrer Dächer kunstvoll gefertigte Bergkristallkugeln, die bis ins späte Mittelalter hinein eine bevorzugte Zier der Häuser für die heiligen Knochen waren. 

Zu den Höhepunkten der Sammlung des Museums Schnütgen gehört zum Beispiel das Anfang des 14. Jahrhunderts aus Bergkristall geschaffene Lilienkreuz. Zu den besonderen Objekten zählt auch ein Armreliquiar aus Hildesheim, das aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammt. Ein Symbol der Reinheit ist die „Muttergottes mit dem Bergkristall“, die ebenfalls zur Sammlung des Museums gehört.

Als Leihgabe aus dem Kolumba wird ein kleiner, kunstvoll gefertigter Reliquienschrein gezeigt, der auf goldenen Tierfüßen steht und der wie ein anspruchsvolles Tiny House für die Heiligen wirkt. Zu den besonderen Leihgaben zählen zwei Hedwigsbecher aus dem Rijksmuseum in Amsterdam, die erstmals außerhalb der niederländischen Metropole zu sehen sind. Von ihnen gibt es weltweit nur noch 13 Expemplare. Sie bestehen nicht aus Bergkristall, sondern aus mittelalterlichem Soda-Asche-Glas – eine Alternative zum teuren Werkstoff. Sie stammen wohl ursprünglich aus dem normanischen Sizilien und zeigen den Einfluss der dort lebenden islamischen Künstler. Die Becher gehören zum Kirchenschatz in Namur. 

Faszinierend ist ein Kristallreliquiar mit Pergamentmalerei aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, das der Kölner Ausstellung vom Dänischen Nationalmuseum zur Verfügung gestellt worden ist. Ein besonderes Geschenk war ein Schwert mit einem Bergkristallknauf, das König Sigismund dem Wettiner Friedrich schenkte, als er ihn mit der sächsischen Kurwürde belehnte. Es stammt aus der Staatlichen Kunstsammlung in Dresden. 

Außergewöhnliche Objekte aus Bergkristall sind zum Beispiel ein Marderkopf aus Mailand, ein Trinkgefäß in der Form eines Kriegsschiffes oder ein Schachstein aus dem Schachspiel Karls des Großen. Zu sehen sind zudem ein Totenkopf und zwei Löwenköpfchen aus reinem Bergkristall, ein magischer Gürtel aus dem Spanien des 17. Jahrhunderts, Kühlkugeln aus Bergkristall und eine zweihenkelige, römische Bergkristalltasse aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. Zum Abschluss der Ausstellung geht es vorbei ein einer kunstvoll inszenierten Kristallkugel, wie man sie von den Wahrsagern kennt. 

Service: Bergkristall-Ausstellung „Magie Bergkristall“, Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29-33, Köln; Laufzeit: 25. November bis 19. März; Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr; Eintritt: 10, ermäßigt 7 Euro.

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