Stadtgeschichte Ein besonderer Duft erobert von Köln aus die ganze Welt

Köln Es war ein außergewöhnlicher Duft, den ein Italiener in Köln vor mehr als 300 Jahren geschaffen hat und der bis heute den Namen der Stadt in die Welt trägt. Die Rede ist von Johann Maria Farina, dem Erfinder des Eau de Cologne.

 Das Farina-Stammhaus liegt in der Altstadt schräg gegenüber des Wallraf.

Das Farina-Stammhaus liegt in der Altstadt schräg gegenüber des Wallraf.

Foto: step/Eppinger

Geboren wurde er 1685 im Bergdorf Santa Maria Maggiore, das damals zum Herzogtum Mailand gehörte. Gestorben ist Farina 1766 in Köln. Das große Familiengrab findet sich auf dem Melaten-Friedhof unweit des Eingangs an der Aachener Straße. Sein Duftwasser, das er seiner Wahlheimat widmete, war im 18. Jahrhundert der Duft der europäischen Höfe und wird bis heute international geschätzt. Als Dank findet sich am Rathausturm die Figur des berühmten Parfümeurs.

Farina setzte erstmals die Bergamotte und andere Zitrusöle in Verbindung mit reinem Alkohol für einen ungewöhnlich frischen Duft ein, der von Köln aus die Welt eroberte und der den Beginn der modernen Parfümerie markierte. Das Eau de Cologne bezeichnet heute eine gesamte Duftklasse. Zu den Kunden der Familie Farina zählten Berühmtheiten wie Kaiser Napoleon, der Dichterfürst Goethe, Queen Victoria und die österreichische Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als Sisi. Weitere Kunden waren unter anderem Alexander von Humboldt, Ludwig van Beethoven, Zar Alexander II., Marlene Dietrich, Heinz Rühmann, Romy Schneider, Konrad Adenauer, Marc Twain und Prinzessin Diana.

Das Stammhaus in
Köln wurde 1723 bezogen

Noch heute kommen jedes Jahr zahlreiche Touristen zum 1723 bezogenen Stammhaus an Obermarspforten 23 in der Kölner Altstadt. Der heutige Chef trägt wie seine Vorgänger noch den Namen des Firmengründers und Erfinders des Eau de Cologne, Johann Maria Farina. Im Haus befindet sich neben dem Ladengeschäft seit 2003 auch ein Duftmuseum, in dem es regelmäßig Führungen im historischen Kostüm gibt.

Die Geschichte des 1709 in Köln gegründeten Unternehmen und seinem berühmten Duft kann man jetzt in dem gerade im Bachem-Verlag erschienen Buch „Eau de Cologne – Farina 1709“ nachlesen. Gleich zu Beginn findet sich neben der illustren Kundenliste auch ein Interview mit dem heutigen Firmenchef Johann Maria Farina. Zu Wort kommt zudem Louise Farina, die das Familienunternehmen in der neunten Generation in die Zukunft führen wird. Der historische Abspann reicht von der Gründung des Duftimperiums über die Franzosenzeit, dem Ausbau der weltweiten Märkte, die „goldenen 20er“, den Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau bis zur Renaissance des Eau de Cologne ab den 90er Jahren.

Johann Maria Farina entdeckt
die Welt mit seiner Nase

Der Firmengründer Giovanni Maria Farina, der später den Vornahmen Johann annimmt, entdeckt schon als Kind die Welt der Düfte für sich. Stundenlang streift er durch seine italienische Heimat und saugt die Gerüche der ihn umgebenden berauschenden Bergwelt regelrecht in sich ein. Dabei hilft ihm sein außergewöhnlich gut ausgeprägter Geruchssinn, mit dem er verschiedene Düfte klassifizieren kann. Seine Lehrjahre absolviert Farina zunächst in der Lagunenstadt Venedig. Die Metropole ist damals ein Sammelbecken für Kreative und Parfümeure, die dort ihre Inspiration finden. Betreut wird der junge Mann von seinem Großonkel Carlos Gennari, ein erfahrener Armomatiseur, der Farina in die Geheimnisse der Duftherstellung einweiht.

Später zieht es ihn zunächst nach Maastricht, wo Farina bei seinem Onkel Giovanni seine kaufmännischen Lehrjahre absolviert. Sein Wunsch bleibt es aber, den perfekten Duft aus seiner geliebten Bergwelt zu schaffen. Seine Welt erschließt sich der 16-Jährige auch weiterhin über die feine Nase. Mit zahlreichen Duftexperimenten kommt er seinem Ziel immer näher. 1706 reist Farina erstmals nach Köln. 1708 gelingt ihm dort endlich der Durchbruch. „Ich habe einen Duft gefunden, der mich an einen italienischen Frühlingsmorgen erinnert, an Bergnarzissen, Orangenblüten kurz nach dem Regen. Er erfrischt mich, stärkt meine Sinne und Fantasie“, schreibt er seinem Bruder Johann Baptist.

Als Basis dient ihm geruchsneutraler, reiner Alkohol, den er mit den Aromen von Zitrusschalen verbindet und so ein gänzlich neues Parfüm schafft. Mit seinem Bruder gründet er schließlich in Köln das Kommissions- und Speditionsgeschäft „Farina & Compagnie“. Dabei setzen die Brüder auf ein gut funktionierendes Netzwerk und weitreichende Beziehungen in möglichst viele Handelsmetropolen.

Maria Magdalena Farina
ist die erste Frau an der Spitze

In der Franzosenzeit rückt mit Maria Magdalena 1792 erstmals eine Frau an die Unternehmensspitze Als ihr Mann stirbt, nimmt sie selbst die Geschäfte in die Hand. Mit ihren Söhnen führt sie das Unternehmen durch turbulente Zeiten mit dem Einzug der napoleonischen Truppen nach Köln. Ab 1800 übernehmen die Söhne als dritte Generation die Leitung. Der Erfolg des Kölner Duftwassers geht weiter – auch Kaiser Napoleon begeistert sich dafür. In der Preußenzeit steht schon die vierte Farina-Generation an der Spitze. Ein Thema ist damals der gerade entstehende Markenschutz, was insbesondere beim Konflikt „Farina gegen 4711“ zum Tragen kommt. Was sich ebenfalls in dieser Zeit abzeichnet, ist der globale Erfolg der Kölner Duftexperten, die inzwischen schon in der fünften und sechsten Generation agieren. 1924 wird die rote Tulpe zum Markenzeichen der Farinas, das nun die Flakons ziert. Seit 1925 gibt es mit „Russisch Leder“ den ersten Herrenduft der Kölner. Der Flakon entspricht einem Entwurf des Künstlers Wassily Kandinsky.

Die jüngste Karnevalsprinz
bringt Duftwasser unter das Volk

Im letzten Kapitel der Firmengeschichte geht es für den Leser in die Jetztzeit und in die Renaissance des berühmten Dufts aus Köln. Basis dafür war der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, der auch für Farina große Zerstörungen mit sich gebracht hat. Mit dem Wirtschaftswunder blüht auch das Kölner Unternehmen auf und setzt an zu einem wahren Höhenflug. In seiner Heimatstadt verankert, gibt es mit „Johann Maria I.“ 1952 den jüngsten Karnevalsprinzen der Domstadt, der mit 24 Jahren 120.000 Miniflakons des berühmten Duftwassers unter das närrische Volk bringt. Selbst die New York Times berichtet vom Prinz aus dem kölschen Duftimperium. Während im Inland die Kauflust wieder abnimmt, wird das Eau de Cologne zu dem Exportschlager.

In den 90er Jahren erfolgt im Hause Farina die verstärkte Rückbesinnung auf den Ursprung des Dufterfolges – das Original wird immer mehr zum Verkaufsschlager. Der heutige Geschäftsführer Johann Maria Farina hat Pharmazie studiert und ist wie seine Vorfahren Parfümeur. Er legt viel Wert auf Tradition, was sich auch im Design der Produkte widerspiegelt – ihr Verpackung ist so rot wie die Tulpe als Firmenlogo.

Das Stammhaus an Obermarspforten liegt direkt an der Via Culturalis – ein einzigartiger Kulturpfad, der vom Dom bis zur romanischen Kirche Sankt Maria im Kapitol führt. Dort entsteht gerade ein neues Stadtquartier, das die baulichen Fehlgriffe der Nachkriegszeit wiedergutmachen möchte. Als Familienunternehmen mit dem hauseigenen Duftmuseum bekennt man sich klar zur Via Culturalis und sieht sich als Teil des Kulturpfads und der Kölner Stadtgeschichte.

 

Andrea Dalmus: Eau de Cologne – Farina 1907, Bachem-Verlag, 160 Seiten, 19,95 Euro

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