Die hohe Kunst des Porträts

Das Käthe-Kollwitz-Museum zeigt ab dem 16. September Fotografien von Annelise Kretschmer aus dem Nachlass der Künstlerin und dem Essener Museum Folkwang.

Köln. Das Käthe-Kollwitz-Museum setzt seine Reihe von Fotografie-Ausstellungen fort vom 16. September bis 27. November fort und widmet anlässlich der photokina Annelise Kretschmer eine eigene Schau. Kretschmer zählt zu den bedeutenden Fotografinnen der späten Weimarer Jahre.

Orientiert an der „Neuen Sachlichkeit“, jedoch mit einem eigenwilligen ästhetischen Konzept, gehörte die gebürtige Dortmunderin zu den ersten Frauen, die in Deutschland ein eigenes Foto-Atelier eröffneten. Vor ihrer Kamera standen Künstler, Industrielle, Arbeiter, Bauern und immer wieder Kinder, deren Porträts zu den eindrucksvollsten Zeugnissen dieses Sujets zählen. Obwohl sie gleich mit ihren ersten Arbeiten auf den wichtigsten Ausstellungen ihrer Zeit vertreten war, geriet ihr Werk während der 30er Jahre, als sie sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen musste, zunehmend in Vergessenheit.

Mit rund 80 Vintage Prints — Leihgaben aus dem Nachlass der Künstlerin und dem Essener Museum Folkwang — präsentiert das Käthe-Kollwitz-Museum ein umfangreiches Konvolut an Originalabzügen. Neben bekannten Aufnahmen aus der Vorkriegszeit stellt die Schau auch Entdeckungen aus den 50er und 60er Jahren vor, darunter Porträts von Künstlern wie Ewald Mataré, Albert Renger-Patzsch oder Daniel-Henry Kahnweiler. Der überwiegende Teil der Exponate wurde niemals zuvor öffentlich gezeigt.

Parallel zur Ausstellung wird ein umfangreiches Begleitprogramm angeboten. So finden öffentliche Führungen immer sonntags um 15 Uhr und donnerstags um 17 Uhr statt. Unter dem Motto „Gesichter lesen“ können Interessierte zudem an einer Kuratorenführung mit Thomas Linden teilnehmen. Diese findet am Sonntag, 18. September, um 15 Uhr, und Sonntag, 6. November, um 15 Uhr statt.

Linden, Gastkurator und Experte für Fotografiegeschichte erklärt, wie Porträts im Atelier von Annelise Kretschmer entstanden und welchem ästhetischen Konzept die Fotografin folgte. Er gibt zudem Einblicke in ihr Schaffen und führt zu Höhepunkten und Entdeckungen in der Ausstellung. Die Führungen kosten nur den Eintritt in die Ausstellung.

Einen Vortrag zur Ausstellung hält Prof. Ute Eskildsen, Begründerin und ehemalige Leiterin der Fotografischen Sammlung im Essener Folkwang Museum, am Mittwoch, 12. Oktober, um 18 Uhr unter dem Titel „Jüdische Fotografinnen der Weimarer Republik“. Obwohl eine typische Männerdömäne, erwies sich die Fotografie in den 20er und 30er Jahren auch als Arbeitsfeld für Frauen — für das sich besonders jüdische Frauen interessierten.

Der Beruf versprach gesellschaftliche Teilnahme und Selbstständigkeit, entweder als Fotografin für Zeitschriften und Magazine oder im Bereich der Atelierfotografie mit direktem Kontakt zum Kunden. Ute Eskildsen stellt in ihrem Vortrag nicht nur ausgewählte Werke von Annelise Kretschmer, Ellen Auerbach oder Grete Stern vor, sondern auch deren Arbeitsweisen. Der Vortrag kostet fünf Euro.

Kaum ein fotografisches Genre ist so herausfordernd wie das Porträt, denn hier gilt es nicht nur einen Augenblick einzufangen, sondern den Menschen und seine Charaktereigenschaften ins richtige Licht zu setzen. Deshalb bietet das Museum auch einen Foto-Workshop zum Thema Porträt für Anfänger und Fortgeschrittene ab 16 Jahren an. Zu Beginn des drei-tägigen Workshops steht das Vor und Hinter der Kamera im Fokus: Die Teilnehmer probieren sich sowohl als Fotografen wie auch als Modell und beschäftigen sich mit Perspektive, Licht und Bildkomposition, aber auch mit Selbstdarstellung und -wirkung. Danach begeben sie sich — inspiriert von den Porträtaufnahmen Annelise Kretschmers in der Sonderausstellung — auf Motivsuche in die Kölner Innenstadt.

Unter Leitung des Fotografen Klaus Wohlmann steht neben der Aufnahmetechnik auch die kreative Seite im Zentrum, um die Glaubwürdigkeit der Porträts zu erhöhen und authentische Arbeiten entstehen zu lassen. Aus den Ergebnissen wird am Ende des Workshops gemeinsam ein Fotobuch gestaltet, das optional erworben werden kann. Die Teilnehmer sollten eine digitale Kamera mitbringen. Die Kosten betragen 90 Euro. Das gesamte Programm gibt es im Internet.

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