Katja Ebstein überzeugt als Energiebündel

„Sister Class“ zum Abschluss der Theatersaison des Kulturvereins.

Burscheid. Streng schaute sie, die Frau Oberin auf dem Bild an der Wand über dem Flügel im Haus der Kunst. In der Saison 2013/14 des Kulturvereins war es am Samstag die letzte Vorstellung. Das Ensemble des Kleinen Theaters Bad Godesberg dagegen startete in Burscheid seine Tournee mit dem Non(n)sens-Musical „Sister Class“.

Auf der Bühne erschien Lutz Arkenrath (technischer Leiter) als schusseliger Hausmeister, hob seinen verlorenen Gesprächsfaden vom Boden auf und verschwand wieder.

Sekunden später stürmte aus der Seitentür ein Energiebündel in schwarz-weißer Nonnentracht, schüttelte jedem Besucher in der ersten Reihe überschwänglich die Hand und bedankte sich mehrmals, dass zu ihrem Seminar so überraschend viele Teilnehmer erschienen seien: Katja Ebstein — gefeierter Gesangsstar und Bühnenprofi seit den 60er Jahren — in einer Rolle, die eine weitere Facette ihrer Talente deutlich machte.

Als Schwester Marie-Claire hatte sie das Herzensanliegen, der gleichgültigen Gesellschaft im satten Europa einen Spiegel vorzuhalten und gleichzeitig Hoffnung zu machen, dass sich auch die Zeit von fünf vor zwölf bis zum Gongschlag noch menschenwürdig nutzen lässt.

Katja Ebstein erzählte in sächsischem Dialekt - über ihre Rolle als Nonne hinaus - einiges aus ihrer persönlichen Lebensgeschichte. Im letzten Kriegsjahr in Niederschlesien geboren, lernte sie schwierige soziale Verhältnisse hautnah kennen. So wuchs bei ihr im Zusammenhang mit ihrer Karriere der Wunsch, sich auch für benachteiligte Menschen gleich welcher Herkunft zu engagieren. Seit 15 Jahren ist sie Projektpatin für Dorfentwicklung in der Sahel-Zone als „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Auch die Idee zu „Sister Class“ entstand aus ihrem sozialen Engagement. Texte und Melodien ihrer stimmungsvollen Balladen oder Milieu-Schilderungen stammen größtenteils aus ihrer Feder. Für die passende musikalische Atmosphäre war Stefan Kling am Flügel die ideale Begleitung.

Dass sich die Nonne Marie-Claire im zweiten Teil des Abends ihrer Tracht und ihres Klosterdaseins entledigt hatte und stattdessen in einer Heilsarmee-Uniform auftrat, wurde von eindeutigen Song-Texten gegen so manche verknöcherte Tradition unterstrichen. Die Absicht, das Publikum in jeder Phase mit einzubeziehen, ließ sich durch die Form eines „Seminars für Lebenshilfe“ sehr gut erreichen.

Die Besucher waren von der Agilität Katja Ebsteins beeindruckt. Ihr sozialer Einsatz war vielen Gästen bis dato unbekannt gewesen.

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