Jedes Brötchen war ein Unikat

Die Bäckerei Trenzen in Müllersbaum schließt zum Jahresende. Fünfeinhalb Jahre hatte sie noch mit eingeschränktem Betrieb existieren können.

Burscheid. Der Duft von frisch gebackenen Brötchen wird am Silvestertag zum letzten Mal die Kunden in die Hilgener Bäckerei locken. Bis 12 Uhr wird Helene Trenzen hinter der Theke ihres Ladens stehen - bevor sie für immer die Türen schließt. "Das fühlt sich schon komisch an. Auch wenn ich nur darüber nachdenke", sagt die 62-Jährige. Dann füllen sich ihre Augen ganz langsam mit Tränen. Der Spaß und die Unterhaltung in der Backstube sowie der Kundenkontakt werden ihr sehr fehlen.

Wenn sie jedoch daran denkt, dass ihr Wecker nicht mehr um 3Uhr beziehungsweise samstags um 1 Uhr in der Nacht klingeln wird, freut sich Trenzen auf den Ruhestand. "Die Umstellung wird sicherlich schwierig - aber dann kann ich endlich mal ausschlafen." Zeit will sie sich im neuen Jahr dann auch für ihre zweijährige Enkelin Luna nehmen. Und für Schwimmbad-Besuche. Eine Wanderreise an die Mosel möchte sie auch planen. "Dann fängt das Leben an."

Vor einem halben Jahr hat sie die Entscheidung getroffen, die Bäckerei zu schließen. Seit fünfeinhalb Jahren, nach dem Tod ihres Mannes Karl-Heinz, hatte sie die Bäckerei nur noch freitags und samstags geöffnet. "Alle haben gesagt, dass das nicht funktionieren wird", sagt die gelernte Drogistin. Doch die Kunden hätten ihr immer die Treue gehalten.

Sie können es jetzt kaum fassen, dass sie ihre Freitags- und Samstagsbrötchen demnächst woanders kaufen sollen. Sie nehmen die 62-Jährige in den Arm, bringen Wein und Blumen vorbei. "Oh, hören Sie wirklich auf, Frau Trenzen?", fragt Georg Kalytha beim Einkauf betrübt. Seit 1983 kauft er seine Brötchen in der Bäckerei in Müllersbaum. Damals hatte er in Hilgen gebaut. "Und wir sind sofort Stammkunden der Bäckerei geworden."

Auch Alma Hambüchen muss sich demnächst auf Brötchen aus einer anderen Bäckerei umstellen. Sie selbst hat 16 Jahre lang hinter der Theke mitgearbeitet. Am Silvestertag wird es dann vorbei sein mit den handgemachten Brötchen. "Jedes Brötchen ein Unikat", sagt die Ladeninhaberin.

Neben Brötchen, Brot und Kuchen hat Helene Trenzen vor allen Dingen auch handgemachten bergischen Zwieback verkauft. "Ich beliefere die Bauernläden hier in der Gegend", sagt sie. Hilfe beim Verpacken bekam sie 20Jahre lang von Elisabeth Simonides. Und auch Maria Werner wird ab Januar nicht mehr im Team der Bäckerei sein. "Ich hoffe, dass der Kontakt trotzdem nicht abbrechen wird", sagt die 69-Jährige, die gerne hinter der Ladentheke gestanden hat.

Ganz geschlossen wird der Laden am Müllersbaum mit der Aufgabe der Bäckerei jedoch nicht. Helene Trenzens Tochter Christiane Oberhäuser möchte ein Geschäft für Secondhand-Kleidung für Kinder eröffnen. Die Backstube wird als Wohnung umgebaut. Auch die Rezepte der Familie Trenzen werden nicht verloren gehen. Zwei Bewerber hat Helene Trenzen, die sich vor allen Dingen um ihre Zwiebackrezepte bemühen.

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