Glosse

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Foto: dpa

Der Mensch ist ein ambitionierter Jäger und Sammler. Was er einmal in seine eigenen vier Wände geschafft hat, gibt es nur ungern wieder her. Da bedarf es deutlicher Warnungen, um endlich einmal auszusortieren. So war es auch als beim Abstauben des Buchregals die abgestürzten Zwischenböden entdeckt wurden. Jahrelang wurde das arme Regal einer schwedischen Möbelkette immer mehr zugepackt mit Büchern — jetzt hat es seinen Dienst zumindest vorläufig verweigert.

Mehr als eine Stunde und viele Schweißtropfen waren nötig, um das Regal leer zu räumen und die Literatur im Raum sorgfältig zu platzieren. Grund für die Verzögerung war auch das Wiederentdecken des einen oder anderen Buchtitels, der schon fast in Vergessenheit geraten war. Da fragt man sich, warum man das Werk in den vergangenen zehn Jahren nicht vermisst hat.

Aber egal, irgendwann wird man das Buch in naher oder ferner Zukunft schon wieder gebrauchen können. Und das Regal konnte zumindest auch wieder notdürftig repariert werden. Nur alle Bücher wieder einzuräumen, erscheint doch etwas gewagt. Und so bleibt ein großer Buchstapel am Ende im Zimmer übrig.

Die einzige Lösung ist da ein neues, weiteres Regal zu kaufen. Doch so einfach ist auch das nicht, sind die Stellplätze in der Wohnung doch fast komplett belegt. Da hilft nur umräumen. Die schmalen CD-Regale werden aufs Wohn- und Schlafzimmer verteilt. Und wenn man das schmale Regal im Flur etwas verrückt, entsteht auch ein wenig freier Platz. Auch das nimmt wieder viel Zeit und Muskelkraft in Anspruch.

Erstaunlich, wie viele CDs in ein so schmales CD-Regal passen. Auch hier begegnet der Sammler Alben, die er seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen oder gar gehört hat. Manche sind sogar wie das eine oder andere Buch noch original verpackt.

Dann ein paar Tage später geht es zum Möbelhaus in der Nähe. Dort lockt zunächst das Restaurant den immer noch vom Umräumen geschwächten Buch- und CD-Sammler. Nach einem Schnitzel und einer großen Cola geht es zu den Regalen. Die sind schnell ausgewählt und werden praktischerweise geliefert.

ZuHause stehen diese schnell fertig zusammengebaut an den Wänden und warten auf die Bestückung mit den heimatlosen Büchern. Endlich ist alles geschafft und der Blick fällt zufrieden auf das vollbrachte Werk in den eigenen vier Wänden.

Das ist jetzt etwa drei bis vier Monate her und schon wieder füllen sich die neuen Regale bedrohlich. Jetzt hilft nur noch eine radikale Maßnahme. Für jede neue CD und für jedes neue Buch muss jeweils ein Exemplar aus dem Bestand weichen — auch wenn der Trennungsschmerz noch so groß ist.

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