Frieda & Richard: Sternstunden der Amselflüsterer

Serie: Ein Amselpärchen und seine Brut.

Aufmerksame Leser dieser Kolumne werden sofort bemerken, dass das erste Foto schon älteren Datums sein muss. Denn es sind im Vergleich zur aktuelleren Aufnahme (zweites Foto) noch vier Jungen im Nest zu erkennen. Aber so ein Foto gelingt eben nicht alle Tage. Wir können es uns einfach nicht erlauben, solche Sternstunden unter den Tisch fallen zu lassen.

Seit ich Frieda und Richard kenne, ist mein Respekt vor dem Berufsstand der Tierfotografen und -filmer ins Unermessliche gewachsen. Denn es funktioniert aus unerfindlichen Gründen im Gegensatz zu den meisten Menschen nicht, eine Amsel mit dem Versprechen für sich einzunehmen: „Nun halt mal schön still. Dafür kommst du morgen auch in die Zeitung.“

Uns war relativ schnell klar, dass wir Amselvertrauen nicht geschenkt bekommen. Aber wie verdient man sich selbiges? Ich habe mich da ein bisschen an Robert Redford orientiert.

Der hat vor 14 Jahren mal den romantischen Film „Der Pferdeflüsterer“ gedreht und sich darin den Tieren gegenüber so wahnsinnig verständnisvoll verhalten. Also setze ich auch immer mein freundlichstes Gesicht auf, wenn ich auf den Balkon gehe. Wäre ich allerdings eine Amsel, bin ich mir nicht sicher, ob mich ein Riese mit Fotoapparat schon allein deshalb nicht beunruhigen würde, weil er ein bisschen verkrampft lächelt.

Auf jeden Fall sind auch hektische Bewegungen zu vermeiden. Man sollte als Tierfotograf Geduld mitbringen und auch mal eine Zeit schweigen können. Problematisch wird es nur, wenn ich mich gerade einfühlsam in Position gebracht habe, derweil mein Sohn unten im Wohnzimmer Angst bei der jüngsten „Jim Knopf“-Folge bekommt und durchs Haus brüllt: „Papa, wo bist du?“

„Hier oben, lass mich mal“, zische ich dann halblaut vor mich hin, was natürlich nicht bis zum Fernseher durchdringt und die Rufe von unten daher nur noch lauter werden lässt.

Unweigerlich nimmt das Unheil also seinen Lauf: Ich höre Kindergetrappel auf der Treppe und stauche frustriert meinen Sohn zusammen, wenn er suchend auf den Balkon stürzt, während es Richard angesichts des Radaus vorzieht, trotz der ganzen Würmer im Schnabel doch noch eine Ehrenrunde zu fliegen.

Manchmal frage ich mich, was wohl Robert Redford an meiner Stelle gemacht hätte. Aber wahrscheinlich hat das mit den Pferden auch nicht immer geklappt — und er hat die Szenen nachher bloß rausgeschnitten.

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