Federal-Mogul: Belegschaft unter Schock

Betriebsräte wurden vergangene Woche über wirtschaftliche Lage informiert.

Burscheid. Die Nachricht von der ab Sommer drohenden Entlassungswelle hat die Belegschaft von Federal-Mogul (FM) am ersten Arbeitstag nach der Karnevalspause wie ein Schock getroffen. "Hier geht es hoch emotional zu", sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Thomas Hahn. Auch er selbst fühle sich von der Rasanz der Entwicklung überfahren. "Eine solche wirtschaftliche Situation habe ich in meinen 32 Jahren im Unternehmen noch nicht erlebt."

Vergangene Woche Dienstag waren Betriebsräte aller FM-Ringstandorte in Bad Camberg von Rainer Jückstock, Senior Vice President in der Konzernzentrale in Southfield/USA, über die wirtschaftliche Lage informiert worden. "Verheerend" sei die Situation, sagt Hahn: "60 Prozent der Aufträge sind weggebrochen und alle Standorte sind betroffen."

Wegen der Karnevalsruhe sei es aber nicht mehr möglich gewesen, die Informationen weiterzugeben. Das einzige Positive für den Betriebsrat: "Rainer Jückstock hat eindeutig erklärt, er wolle die deutschen Standorte stärken."

Zur Zahl der gefährdeten Arbeitsplätze wollte Hahn trotz der grassierenden Spekulationen nichts sagen: "Zurzeit höre ich hier alles zwischen null und 800." Zunächst müsse es darum gehen, "alle Möglichkeiten auszubalancieren, die uns bleiben. Dafür müssen wir auch einen Wirtschaftsprüfer und die IG Metall an den Tisch holen." Er könne nur an alle Seiten appellieren, eng zusammenzuarbeiten.

Am Nachmittag meldete sich auch Betriebsratsvorsitzender Michael Bergmann telefonisch aus dem Urlaub: "So einfach, wie die Herren der Geschäftsführung sich das vorstellen, ist das mit den Entlassungen nicht zu machen." Zunächst einmal müssten nach seiner Ansicht die 18 Monate Kurzarbeit voll ausgeschöpft werden.

Bergmann räumte ein, dass sich die Hoffnung auf bessere Zahlen im Januar nicht erfüllt habe. Auch werde man das hohe Niveau der Vergangenheit "in den nächsten Jahren nicht halten können".

Da es durch die zwischenzeitliche Siebentagewoche einen hohen Mitarbeiterstand gebe, seien "Personalanpassungen" notwendig. "Aber es kann nicht sein, dass gleich ein paar hundert Leute entlassen werden, wenn es mal schlechter läuft."

Bergmann setzt auf freiwillige Aufhebungsverträge und Möglichkeiten der Altersteilzeit. "Wir sollten die Ruhe bewahren und erst einmal durchdenken, welche Wege wir noch gehen können."

Witich Rossmann, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Köln-Leverkusen und für FM zuständig, kündigte "entschiedenen Widerstand" gegen Massenentlassungen an. "Auch die Geschäftsführung von FM kann nicht sagen, wie lange die Krise noch dauert." Jetzt müsse man sich erst einmal systematisch mit den Zahlen auseinandersetzen.

Es sei aber "völlig unberechtigt, die Mitarbeiter in Angst und Schrecken zu versetzen" - während die Bundesregierung ein riesiges Paket geschnürt habe, um andere Wege zu finden. Roßmann äußerte auch "hohes Unverständnis" dafür, dass FM zeitgleich Mitbieter für TMD Friction in Leverkusen sei "und da Millionen ausgibt".

Bürgermeister Hans Dieter Kahrl wurde am Dienstag von FM-Geschäftsführer Karsten Evers über die Lage des Unternehmens informiert. Sein Vertrauen in die Verantwortlichen in Burscheid sei sehr groß, sagte er am Mittwoch. "So tragisch das für die betroffenen Arbeitnehmer ist, aber es muss alles daran gesetzt werden, den Standort Burscheid zu erhalten." Man könne nur hoffen, dass der Markt mittelfristig wieder anziehe "und die Arbeitskräfte, die jetzt entlassen werden, dann eine neue Chance bekommen".

Die Stadt selbst wird ebenfalls zu den Leidtragenden zählen: Für sie bedeutet die FM-Krise einen absehbaren neuerlichen Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen.

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