Bühne „Et Zillche“ nimmt die Franzosenzeit in Köln humorvoll aufs Korn

Köln · Nicht nur die Hausnummern sind als Zeugnisse der Franzosen am Rhein erhalten geblieben. Auch das Denken und die Mentalität der Kölner haben sich in dieser Zeit verändert. Doch wie blicken heute die Domstädter auf Napoleon & Co.

 Im neuen Zillche dreht sich alles um Napoleon und die Franzosenzeit in Köln.

Im neuen Zillche dreht sich alles um Napoleon und die Franzosenzeit in Köln.

Foto: Köln/VVG

Dazu hält das neue Divertissementchen die passende Antwort parat. Das neue Stück „Napoleon en Kölle“ feiert am 29. März im Staatenhaus in Deutz Premiere und wird dort bis Anfang März zu sehen sein.

Köln im Jahre 1804, kurz vor dem historischen Besuch Napoleons: Mitten in der „Franzosenzeit“ herrscht im besetzten Köln ein wildes Treiben. Auf rauschenden Maskenbällen tanzen junge französische Soldaten mit echt kölschen Mädchen, während sich eine Gruppe Kölner Bürger mit äußerst strategischem Geschick gegen den politischen Filz und die Macht des Klerus in ihrer Stadt auflehnt. Im neuen Divertissemetchen der Bühnenspielgemeinschaft „Cäcilia Wolkenburg“ im Kölner Männer-Gesang-Verein lädt Regisseur Lajos Wenzel zu einer turbulenten Reise in eine Epoche zwischen 1754 und 1815 ein, die Köln bis heute geprägt hat.

„Et Zillche“ lässt die Kölner
in einem neuen Licht erstrahlen

Der erfahrene Regisseur des Zillche macht daraus ein unterhaltsames Stück, dass die Geschehnisse gekonnt auf die Schippe nimmt und humorvoll zuspitzt. Statt einfach auf die Einführung der Neuerungen des „Code Civil“ der Franzosen zu verweisen, macht Wenzel die Kölner Bürger für alle großartigen Neuerungen verantwortlich, die ihre Stadt während der Besetzung vorangebracht haben. Dabei lassen sich den historischen Quellen tatsächlich Anhaltspunkte für den großen Drang nach Reformen in Köln um Ferdinand Franz Wallraf erkennen. So schreibt der Vorsitzende der Historischen Gesellschaft, Prof. Jürgen Wilhelm, dazu in seinem im Greven-Verlag erschienenen Geschichtsbuch: „Der in Köln zögerliche, aber letztlich unaufhaltsame Aufbruch in die Moderne wurde von Wallraf gegen manche Widerstände vorangetrieben.“

Eingebettet in ein schwungvolles Musiktheaterstück voller opulenter, von Judith Peter entworfener Kostüme und temporeicher, von Jens Hermes choreografierter Tanzszenen lässt „et Zillche“ die Franzosenzeit in einem ganz neuen Licht erscheinen. Mitten vor der historischen Marktkulisse im Hafen flüstert eine Gruppe Kölner um den engagierten Bürger Ferdinand Franz Wallraf den Franzosen ein, wie sie sich den Fortschritt in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Handel, Bildung und Rechtswesen vorstellen.

Der Plan wird ein voller Erfolg. Auf Befehl der Franzosen werden Schweine und Ratten aus der Stadt gejagt, die Straßen beleuchtet und die Häuser durchnummeriert. Wie dabei das Haus an der Glockengasse die Nummer 4711 bekam und warum das berühmte Duftwasser schon damals – innerlich und äußerlich angewendet – gegen ansteckende Krankheiten angewendet wurde? Und was eine resolute Köchin als Napoleon verkleidet im Morgengrauen am Rheinufer treibt? All das und noch viel mehr erfährt das Publikum ab dem 29. Januar in der Kölner Oper im Staatenhaus.

Wegen Corona musste das Stück um ein Jahr verschoben werden

Damit wendet sich das Divertissementchen nach Stücken um berühmte Persönlichkeiten wie Offenbach und Beethoven erneut dem Werk eines bedeutenden Mannes zu, dessen Wirken auf Köln einen großen Einfluss hatte. Und wieder kann ein Jubiläum gefeiert werden. Denn an seinem 200. Todestag wird an den großen, kleinen Napoleon Bonaparte in diesem Jahr oft gedacht. Durch die Pandemie konnte das für das Jubiläumsjahr 2021 geplante Stück nicht aufgeführt werden. Stattdessen brachte die Bühnenspielgemeinschaft „Corona Colonia“ in einer digitalen Version auf die Bühne und will nun im kommenden Jahr das Thema endlich ins Rampenlicht holen.

„Wir freuen uns sehr, dass wir nun die Chance bekommen, dem Publikum unser opulentes neues Musiktheaterstück vor historischer Kulisse zu präsentieren“, sagt der Baas der Cäcilia Wolkenburg, Jürgen Nimptsch, der selbst schon Jacques Offenbach verkörpert hat. Aktuell arbeiten die Solisten, Schauspieler, Symphoniker und Balletttänzer eines der traditionsreichsten Männerchöre Deutschlands mit Hochdruck in den Proben für die große Premiere Ende Januar. Das Kölner Publikum kann sich schon jetzt auf einen Musiktheaterabend voller Situationskomik, Wortwitz und den musikalischen Highlights aus Oper, Operette, Musical, Rock- und Popmusik sowie kölschen Tönen freuen. Die Arrangements von Thomas Guthoff haben eine Spannweite von Bach und Rossini über die Fööss und Brings bis zu Helene Fischer und Christina Aguilera.

Seit fast 150 Jahren nimmt die Bühnenspielgemeinschaft Cäcilia Wolkenburg mit Witz und Biss die Obrigkeit aufs Korn. Jahr für Jahr begeistern die Musiker, Sänger, Schauspieler und Tänzer bei den mehr als 30 Vorstellungen ihr Publikum vor ausverkauftem Haus. Zur Tradition gehört, dass alle Rollen im Stück von Männern übernommen werden und dass alle Dialoge auf Kölsch gesprochen werden.

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