Serenadenkonzert Entertainment mit Handbremse

Der OVH verändert sich unter Timor Chadik. Man weiß nur noch nicht, mit welchem Ziel.

Burscheid. Mehr als ein halbes Jahr ist Timor Chadik jetzt schon neuer Chefdirigent des Orchestervereins Hilgen (OVH). Doch dem Heimatort seines Orchesters hat er sich auf Umwegen angenähert: erst ein Konzert in Leichlingen, dann in Opladen, am Samstag nun das erste Mal Burscheid — beim 13. Serenadenkonzert in der Kirchenkurve.

Auch der Annäherungsprozess zwischen Dirigent und Orchester scheint noch im Gange. Man spürt, man hört, es ändert sich was. Es fällt aber noch schwer zu sagen, mit welchem Ziel. Mitunter geht das Ganze mit E-Bass und Keyboard in Richtung Big Band, was ein wenig auf der Hand liegen mag, weil Chadik inzwischen auch die Big Band der Bundeswehr leitet.

Serenadenkonzert in der Kirchenkurve
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Überhaupt ist das Programm, aber das ist gewiss auch der Besonderheit einer kostenfreien Open-Air-Veranstaltung geschuldet, von der musikalischen Welt der Show und des Entertainments geprägt: „There’s no Business like Show Business“ gleich zum Einstieg, „Fly me to the Moon“ mittendrin und ansonsten viel Musical-Melodien.

Dabei setzt Chadik nun allerdings seinen Weg der politischen Positionierung fort, die er schon in Opladen begonnen hat: Rassismus und Kindesmissbrauch waren damals die Themen, jetzt wird der Auszug aus dem Musical „Miss Saigon“, eingeleitet vom beängstigenden Rattern der Vietnam-Hubschrauber, zum Sinnbild für die Flüchtlingsdramen der Gegenwart. Das ist eindrücklich, aber auch zunächst schwer zu schlucken, weil zwei Stücke zuvor Dirigentin Viola Wertgé in der Zugabe des Jungen Orchesters noch Helene Fischers „Atemlos durch die Nacht“ in die Kirchenkurve geschmettert hatte.

Vielleicht symbolisiert dieses breite Spannungsfeld ganz gut, warum sich der letzte Showglitzer am Samstagabend nicht über die wieder voll besetzten Stuhlreihen legen mag: weil dem Auftritt des OVH diesmal etwas seltsam Unentschiedenes anhaftet. Kein hundertprozentiges Entertainment, aber auch kein wirkliches künstlerisches Risiko. Der Serenade fehlt zudem — gerade in der Fröstelatmosphäre eines ganz und gar nicht sommerlichen Abends — trotz der vielen bekannten Melodien ein richtig durchzündender Gassenhauer. Die Musical-Auszüge taugen da in ihren raschen dynamischen Wechseln nur bedingt und zu kurz als Anheizer.

Die Aufwärmrolle übernehmen beim Serenadenkonzert inzwischen schon traditionell die beiden Orchester der vereinseigenen Orchesterschule. Das seit Jahresbeginn erst wieder neu aufgestellte Juniororchester stellt dabei vor allem rhythmisch unter Beweis, dass das gemeinsame Probenwochenende in Prüm hörbare Früchte trägt.

Und das ältere Junge Orchester ist ja ohnehin schon länger und nicht erst seit dem jüngsten Wettbewerbserfolg auf dem Weg zur OVH-Nachwuchsschmiede. Das hört man sich gerne an und würde lieber noch ein weiteres Stück genießen, wenn dafür die schon häufiger an solchen Abenden zu beobachtende Neigung zur Wortlastigkeit mit all ihren Würdigungen, Belobigungen, Danksagungen und Wertschätzungen wieder etwas eingedämmt werden könnte.

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