Eine Idee von der Zukunft der Stadt

Wie wird das Burscheid von morgen gestaltet? Teil 1 über den langen Weg zu einem Flächennutzungsplan.

Burscheid. Am Anfang war eine kleine Siedlung unweit des Eifgentals, mit schicker Kirche und einem Turm, der bereits im 11. Jahrhundert errichtet wurde. Klima und Boden waren gut, und immer mehr Menschen zogen nach Burscheid. Industrie siedelte sich an, Mühlen, Stahlhammer und Schleifkotten wurden gebaut.

1856, als Folge des industriellen Aufschwungs, bekam Burscheid das Stadtrecht, etwa 6000 Menschen lebten damals hier. Die Eisenbahn folgte und führte bis zum Zweiten Weltkrieg sogar zweigleisig bis nach Wuppertal und Opladen. Und irgendwann — ja, irgendwann musste man sich einmal Gedanken machen, wie es nun weitergehen sollte mit dieser Stadt. Das war die große Stunde der Planer (siehe Kasten).

„In Deutschland gibt es eine richtige Kultur der Stadtplanung. Mit dem Land zu planen, ist für uns etwas Selbstverständliches“, sagt Bürgermeister Stefan Caplan. In Burscheid beschäftigt sich der Stab für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Liegenschaften mit diesen Fragen: Wo sollen Menschen künftig wohnen können? Wo sollen neue Geschäfte entstehen? Wo könnte sich Industrie ansiedeln? Insgesamt sieben Leute arbeiten in dem Amt, vier davon befassen sich mit der Stadtplanung. Einer von ihnen ist Amtsleiter Kurt Berger.

Berger ist seit 1993 mit dem Thema befasst, seit 2004 leitet er das Amt. Die viele Erfahrung, die er im Laufe der Jahre gesammelt hat, braucht er auch. Denn Stadtentwicklung ist unglaublich kompliziert. Und zugleich unglaublich spannend. „Das Herzstück unserer Arbeit ist der Flächennutzungsplan“, sagt Berger und breitet eine große Karte von Burscheid aus.

Flächen für Wohnhäuser, für Geschäfte, Wege und Firmen sind dort eingezeichnet. Doch der Plan entspricht keineswegs in allen Einzelheiten der Realität. Er ist vielmehr Ausdruck einer Idee. Der Idee, wie Burscheid aussehen könnte. In zehn Jahren. Oder in 20.

Im Schnitt alle 25 Jahre wird so ein Flächennutzungsplan erstellt. In ihm bereitet die Verwaltung vor, was sie sich für die Stadt vorstellen könnte. Und weil dafür die Belange aller Beteiligten (Bürger, Anwohner, Firmen, Behörden), sowie bestehende Gesetze und Vorgaben berücksichtigt werden müssen, und weil schließlich die Politik das letzte Wort hat und den Plan genehmigen muss, dauert der Prozess bis zum fertigen Plan unglaublich lange. „Unser aktueller Flächennutzungsplan ist 2004 abgeschlossen worden. Doch die Planungen dafür haben 1996 begonnen“, sagt Stefan Caplan.

Das Schwierige an so einem Plan ist, dass die Verfasser für ihn eigentlich eine Glaskugel bräuchten. Denn schließlich müssen sie sich Gedanken machen, wie die Welt in 20 Jahren aussieht. Werden mehr Menschen in Burscheid wohnen wollen? Braucht man mehr oder weniger Platz für Industrie? Gleichzeitig versuchen Rat und Verwaltung, Burscheid durch den Plan zu gestalten. Wollen sie das Zentrum stärken, planen sie dort entsprechend Platz für Wohnhäuser ein.

So ein Flächennutzungsplan ist also ein schwieriges Unterfangen — und vielleicht ist es deshalb ganz praktisch, dass er nicht verbindlich ist. „Er ist so etwas wie eine Übereinkunft von Verwaltung und Politik. Aber aus ihm leitet sich kein Anspruch ab“, sagt Kurt Berger.

Wenn der Flächennutzungsplan für ein Grundstück also eine Wohnbebauung vorsieht, bedeutet das noch nicht, dass der Eigentümer dort tatsächlich auch ein neues Haus bauen darf. Das wird erst durch den Bebauungsplan geregelt.

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