Rundgang Ein Platz braucht seine Wächter

Köln · Heute führt der Stadtspaziergang zu vielen Orten, bei denen man etwas genauer hinschauen muss. Dazu gehört ein prominent gelegener Platz mit Domblick. Kleine Täfelchen weisen unauffällig darauf hin, dass der Heinrich-Böll-Platz nicht betreten werden darf.

 Der Heinrich-Böll-Platz ist oft für Fußgänger und Radfahrer gesperrt. Er hat seine eigenen „Wächter“.

Der Heinrich-Böll-Platz ist oft für Fußgänger und Radfahrer gesperrt. Er hat seine eigenen „Wächter“.

Foto: step/Eppinger

Wer es trotzdem tut, dem wird durch lautes Rufen der „Wächter“ deutlich gemacht, dass er gerade gegen Regeln verstößt. Der Hintergrund ist, dass der Platz, der im Form eines Amphitheaters gebaut ist, direkt über dem Konzertsaal der Philharmonie liegt. Leider wurde er so konstruiert, dass jeder Schritt darauf bis zu den Musikern und ihrem Publikum durchdringt. Deshalb wird er stets während der Konzerte und der Proben für die Laufkundschaft gesperrt.

Normale Absperrbänder sind auf dem Platz mit dem schönen Blick hinab zum Rheinufer nicht erlaubt, da er zum Kunstwerk Ma‘alot des Künstlers Dani Karavan gehört. Seit 1986 gibt es dieses Gesamtkunstwerk, zu dem die Bodenpflasterung und die Bepflanzung genauso gehört wie die gusseiserne Schiene und der Turm. Man kann sich dieser Kunst aus verschiedenen Blickwinkeln nähern. Die Schiene verweist auf die Gräueltaten der Nationalsozialisten, die viele Menschen aus Köln und der Region von Deutz aus in die Konzentrationslager bringen ließen.

Jetzt geht es zum Alter Markt, wo man viele interessante Details entdecken kann. Dazu zählt der Kallendresser, eine Skulptur, die hoch oben an einem Gebäude an der Ostseite des Platzes angebracht, dem Betrachter den blanken Hintern entgegenstreckt. Dabei steht „Kall“ für die Regenrinne und „Dress“ für Mist und Kot. Erschaffen wurde der Kallendresser vom Bildhauer Ewald Mataré, der unter anderem auch Türen für den Kölner Dom geschaffen hat. Die Figur selbst ist in Köln bereits seit dem Mittelalter bekannt. Sie soll den Mächtigen in aller Deutlichkeit zeigen, was das einfache Volk von ihnen hält.

Auch nicht ganz so respektvoll geht der Platzjabbek mit seinen Betrachtern um. Er ist direkt unterhalb der Uhr am Rathausturm angebracht und streckt zu jeder vollen Stunde seine rote Zunge heraus. Das Wort heißt frei übersetzt, zum Platz hin den Mund aufreißen. Schon im 15. Jahrhundert wurde der Platzjabbek am Rathaus erwähnt. Der Turm mit seinen vielen Figuren bietet viel Raum für eigene Entdeckungen. So manch bekannte Person hat dort ihren Platz gefunden.

In Köln gibt es viele weitere Denkmale für Persönlichkeiten der Stadtgeschichte wie Kardinal Frings oder Konrad Adenauer. Ein Denkmal ganz anderer Art befindet sich im Schatten der Romanischen Kirche Groß St. Martin, wo auch Tünnes und Schäl ihren Ort für sich gefunden haben. Eindrucksvoll ist die Schmitz-Säule direkt daneben. Sie ist ein Denkmal für die Kölner, deren häufigster Familienname Schmitz sein dürfte. Die Inschrift der Säule erzählt die Legende von den Urahnen der Familie Schmitz. Geschaffen wurde das Denkmal 1969 aus Steinen der Römerzeit. Gestiftet hat es der Kölner Bauunternehmer Jupp Engels.

Erst auf den zweiten Blick erkennt man am Turm hoch über der Richmodstraße, die vom Neumarkt abzweigt, die beiden weißen Pferdeköpfe. Sie erinnern an die Legende der Richmodis von Lyskirchen, die mit ihrem Mann Mengis von Aducht glücklich in diesem Haus gewohnt haben soll. Als sie an der Pest starb, wurde sie zum nahe gelegenen Friedhof St. Aposteln gebracht. Grabräuber versuchten dort im aufgebrochenen Sarg ihren Schmuck zu rauben. Doch die Frau erwachte von ihrem Scheintod und ging der Legende nach ziemich müde nach Hause zurück. Ihr Mann hielt sie für ein Gespenst. Er rief laut, dass eher seine beiden Pferde auf dem Heuboden stehen würden, als dass sie seine geliebte Frau sein könnte. Darauf rannten die beiden Schimmel die Treppe hinauf und nahmen hoch oben im Turm des Hauses ihre Plätze ein.

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