Ein Kunstwerk für sechs Euro

Die Kölner Artothek verleiht seit 45 Jahren zeitgenössische Kunst zum günstigen Preis an Privat- und Geschäftsleute.

Köln. Im Zuge der 68er-Bewegung ist auch in Köln eine Artothek entstanden, die es sich zum Ziel genommen hat, Kultur allen Menschen zu öffnen und Künstler zu fördern. Kunstwerke sollten so ausleihbar sein wie Buch. Die ersten Artotheken entstanden in Berlin und München. Köln folgte mit der Eröffnung 1973 im Haus Saaleck, einem prächtigen Bürgerhaus an der Straße Am Hof, das aus dem Mittelalter stammt. Der Raum der Artothek entstand nach der massiven Zerstörung im Zweiten Weltkrieg Mitte der 50er Jahre wieder neu.

Ein Kunstwerk für sechs Euro
Foto: Stephan Eppinger

Die Artothek war zunächst Teil der Kölner Stadtbibliothek und die Kunstwerke fanden ihren Platz zwischen den Buchregalen. In den kommenden zehn Jahren verschwanden die Bücher immer mehr, bis nur noch die zeitgenössische Kunst übrig blieb. Seit 2008 ist die Artothek eigenständig und ist dem Kulturamt zugeordnet.

1500 Werke sind im Bestand der Sammlung der Artothek verzeichnet. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt bei Künstler aus dem Rheinland — von Sigmar Polke und Gerhard Richter bis zu Günther Uecker. Dazu kommen internationale Künstler mit ihren Werken. „Damit bietet unsere Sammlung einen eindrucksvollen Einblick in die rheinische Kunst seit unseren Anfängen in den 70er“, sagt Astrid Bardenheuer, die seit 2014 die Artothek leitet.

Bis zum 25. August zeigt diese anlässlich ihres 45-jährigen Bestehens in ihrem Ausstellungsraum einen großen Teil ihrer eigenen Sammlung. Ausleiher und Besucher haben die Gelegenheit, die Bilder an der Wand zu sehen und auszuwählen, die sonst im Depot darauf warten, ausgeliehen zu werden.

Es werden sowohl Bilder bekannter Künstler wie Roy Lichtenstein, Andy Warhol oder Josef Beuys gezeigt als auch Schätze zahlreicher Newcomer. Der Ausleih-Betrieb geht in der Ausstellung wie gewohnt weiter und die Bilder können direkt von der Wand weg mitgenommen werden. Die entstandenen Lücken werden täglich durch weitere Werke der Sammlung gefüllt. Das Gesamtbild der Ausstellung wandelt sich ständig und es entwickeln sich kontinuierlich neue Beziehungen zwischen den Werken. Die Petersburger Hängung bildet ein dynamisches Gesamtkunstwerk und regt zum vergleichenden Sehen an. Für die Ausleiher gibt es so die außergewöhnliche Chance, viele Bilder unmittelbar in ihrer Materialität und Raumwirkung zu erleben.

Susanne Laugwitz-Aulbach, Beigeordnete für Kunst und Kultur, gratuliert zum Jubiläum und betont: „45 Jahre lang aktuell bleiben, das ist eine Kunst. Die Artothek präsentiert Kunst seit 1973 unverändert frisch und ist mit ihrem Konzept ‚Leihen statt Kaufen‘ tatsächlich auf der Höhe der Zeit. Es ist schön, zu sehen, dass auch eine kleine Institution sich über die vielen Jahre mit einem guten Konzept gegen alle Widrigkeiten durchsetzen kann und von einer breiten Öffentlichkeit angenommen wird. Ausstellungsbesucher und Nutzer der Kunstausleihe schätzen das einzigartige und hochwertige Angebot.“

Die „Artothek — Raum für junge Kunst“ verfügt über eine eigene Sammlung zeitgenössischer internationaler Kunst zum Ausleihen und präsentiert jährlich sieben Ausstellungen von Kölner Künstlern sowie von internationalen Gäste. Die Bildausleihe kostet für zehn Wochen sechs Euro pro Werk. Diese kann auf maximal 20 Wochen verlängert werden. Der Kauf von Kunst ist aber ausgeschlossen. 2017 gab es 2009 Ausleihen.

Astrid Bardenheuer, Artothek

„Ausgewählt wird in der Regel nach dem Gefallen. Der Wert eines Bildes oder die Berühmtheit des Künstlers ist meist nicht das erste Auswahlkriterium. Zwei Drittel der Ausleiher sind Privatleute, dazu kommen Büros, Kanzleien oder aus Praxen. Ausleihen kann jeder, der über 18 Jahre alt ist, er muss nur seinen Ausweis für die Meldeadresse vorzeigen. Die meisten Ausleiher sind zwischen 40 und 50“, sagt Bardenheuer, die auch ein Werk der wohl teuersten Künstlerin der Welt, Rosemarie Trockel, in der Sammlung ihrer Artothek vorweisen kann. „Das ist eines der Werke, das bei uns sehr gut geht, deshalb hängt es nicht an der Wand und steht im Regal bereit für den nächsten Ausleiher.“

Ausgewählt hat sie die etwa 60 Ausstellungsstücke so, dass auch bislang eher unbekannte oder selten zu sehende Kunstwerke in den Fokus rücken. Zu den Highlights zählt für Bardenheuer unter anderem das „Ehepaar Pompidou“ vom Kölner Künstler C. O. Päffgen und Otto Pienes „Feuergeier“ aus dem Jahr 1974. Auf der Empore gibt es auch Neuerwerbungen er Artothek wie ein Werk von Weltstar Kai Althoff oder ein Baumwollvlies „Peanuts Depression 5“ von Cosima von Bonin zu sehen. Die Mittel für neuerworbene Kunst stammen aus dem städtischen Budget oder aus Schenkungen von Freunden der Artothek.

Diese hat sich bundesweit als Institution bewährt. Es gibt immer noch Neugründungen wie zuletzt in Siegburg. Die meisten Artotheken sind der jeweiligen Stadtbücherei zugeordnet. Eigenständige Artotheken sind eher selten, sie gibt es zum Beispiel noch in München. Auch die Zuordnung zu Kunstvereinen wie in Bonn und Berlin sind möglich.

Service: Geöffnet ist die Artothek Dienstag bis Freitag von 13 bis 19 Uhr sowie Samstag von 13 bis 16 Uhr.

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