Freiwilliges Soziales Jahr Ein gutes Jahr für das Selbstbewusstsein

Durch die Arbeit in einer Einrichtung für Behinderte weiß Marie-Antoinette heute, was sie will — und was nicht.

Freiwilliges Soziales Jahr: Ein gutes Jahr für das Selbstbewusstsein
Foto: Doro Siewert

Burscheid. Marie-Antoinette Büscher steckt voller Kreativität und Energie. Und deshalb will die 20-Jährige auch nicht im sozialen Bereich bleiben. Dass die junge Frau das jetzt so klar vor Augen hat, ist auch das Ergebnis ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ), das sie im Hilgener LVR-Wohnhaus für Menschen mit geistiger Behinderung geleistet hat.

Als sie vor einem Jahr im LVR-Wohnhaus angefangen hat, sei sie noch ein halbes Kind gewesen, ruhig und unsicher, sagt ihre Mentorin und Praxisanleiterin Yvonne Dziwoki. „In diesem Jahr ist mein Selbstbewusstsein viel stärker geworden“, sagt Büscher heute selbst. Denn der Freiwillige Dienst hat sie stark gefordert. Vor allem, weil sie den Umgang mit den behinderten Menschen nicht gewöhnt war, war sie anfangs sehr zurückhaltend.

Es gab Momente, die unvergesslich bleiben, die für kein Geld der Welt zu kaufen sind. Wenn Bewohner, die sich schon aufgegeben hatten, durch liebevolle Zuwendung Schritt für Schritt wieder Freude am Leben gewonnen haben. „Irgendwann ist Otto dann aufgetaut, hat wieder am Leben teilgenommen und uns sogar mit Küsschen auf die Wange begrüßt“, sagt Büscher glücklich.

Im Zweischichtbetrieb hat die Dabringhausenerin Menschen mit verschiedenen Behinderungen betreut, gepflegt, angezogen, für sie gewaschen und gekocht. Nicht selbstverständlich, weder für junge noch für ältere Menschen. Denn es gab auch herausfordernde Momente. Mit manchen Bewohnern kann man sich gut unterhalten, mit anderen Behinderten ist Kommunikation kaum möglich. Vielleicht am schwierigsten war für sie der Umgang mit einem Autisten, der manchmal aggressiv wurde. „Am Anfang bin ich dann noch vor ihm geflohen, aber ich habe gelernt, damit umzugehen.“

Kein Zweifel, dass die Fachabiturientin während ihres Sozialen Jahres innerlich gewachsen ist. Yvonne Dziwoki hätte Marie-Antoinette gerne im Wohnprojekt behalten. Sie lässt Marie-Antoinette nur mit einem weinenden Auge ziehen. Die hat sich inzwischen gegen eine Ausbildung im pflegerischen Bereich entschieden „Sie ist sehr sensibel und der Beruf ist auch wirklich belastend“, zeigt Dziwoki Verständnis für die junge Frau. Marie-Antoinette hat während ihres FSJ viel über sich gelernt.

Zum Beispiel, dass sie einen Beruf ausüben will, der kreativ ist und sie gleichzeitig körperlich fordert. „Ich liebe es, in der Natur zu arbeiten und etwas Handwerkliches zu machen“, sagt sie. Deshalb fängt sie im August eine Ausbildung zur Garten- und Landschaftsbauerin an. Danach will sie Landschaftsarchitektur studieren. Vielleicht. Wenn das freiwillige Jahr im LVR-Wohnhaus ihr diese Erkenntnis beschert hat, war es für sie nicht nur ein gutes, sondern auch ein erfolgreiches Jahr.

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