Ein Ausflug auf den Friedhof

Diakon Matthias Gill geht mit Vorschulkindern auf den Friedhof und zum Bestatter.

Ein Ausflug auf den Friedhof
Foto: Anita Hirschbeck/Erzbistum Köln

Köln. Zwischen Urnen und Särgen drängt sich ein Dutzend Vorschulkinder. Das Kissen im Sarg anfassen, in eine Urne reinschauen — die Mädchen und Jungen dürfen alles aus der Nähe betrachten. Plötzlich erzählt eine Fünfjährige mit Strickmütze, dass ihr Opa jetzt im Himmel sei. Matthias Gill hört aufmerksam zu und nickt. Der Ständige Diakon hat den Besuch beim Bestatter organisiert.

Seit 2008 arbeitet der 54-Jährige als Diakon im Hauptberuf in der katholischen Kirchengemeinde St. Pankratius am Worringer Bruch. Die Ausflüge zum Bestatter hat er schon mit mehreren Vorschulgruppen organisiert. „Auch Kinder erfahren, dass Menschen in ihrem Umfeld sterben“, sagt er. Außerdem würden sie zum Beispiel über die Medien mit dem Thema Tod konfrontiert. „Gleichzeitig bekommen sie immer seltener Antworten, die noch etwas mit christlicher Kultur und unserem Glauben zu tun haben.“

Eine knappe Stunde zuvor: Hand in Hand laufen die Mädchen und Jungen in dicken Winterjacken vom Kindergarten in Fühlingen ein paar Straßen weiter zum Bestattungsinstitut Schwarz. Bestattermeister Michael Sturch öffnet die Heckklappe des Firmenwagens, im Kofferraum liegt ein Holzsarg. „Das hab ich schon mal im Fernsehen gesehen“, ruft ein Mädchen in pinker Jacke. „Da war eine Frau drin, die hat aber noch gelebt und dann ist die Polizei gekommen.“ „Echt?“, sagt Sturch und beantwortet geduldig alle Fragen.

Die Gesellschaft tabuisiere das Thema Tod, findet Gill. „Selbst wenn nur der Hamster gestorben ist, hilft es den Kindern zu wissen: Es gibt einen Ort, wo mein Hamster, meine Oma, meine Tante gut aufgehoben sind.“ Den Menschen diese christliche Botschaft zu bringen, sei seine Aufgabe als Ständiger Diakon. Vor 13 Jahren wurde Gill im Kölner Dom zum Diakon geweiht. Davor hat er als Bildredakteur für verschiedenen Zeitschriften gearbeitet. Das Diakonat sei für ihn die logische Fortführung seines vorherigen Jobs: „Ich habe darin eine Möglichkeit gesehen, Menschen das weiterzugeben, was mich wirklich berührt hat.“ In seiner Kirchengemeinde hat Gill mittlerweile ein Redaktionsteam mit Ehrenamtlichen aufgebaut. Pfarrbrief, Flyer, Homepage, Facebook — all diese Produkte und Plattformen sollen auch diejenigen erreichen, die nicht mehr sonntags in den Gottesdienst kommen. „Ich bin dafür geweiht, für alle da zu sein“, betont Gill.

Nach dem Besuch beim Bestatter führt der Ständige Diakon die Kinder auf den nahegelegenen Friedhof. Dort schüttet er Weihwasser in ein Plastikeimerchen, die Mädchen und Jungen dürfen die Gräber besprenkeln. Immer wieder äußerten sich Eltern dankbar über die Aktion, erzählt Gill. „Viele sagen: Den Kindern das zu vermitteln, so wie ihr es vermittelt — das trauen wir uns oft nicht oder wir können es nicht.“ Auf diesem Weg erreiche er auch die Erwachsenen, erklärt Gill. „Als Ständiger Diakon ist es mir wichtig, dass wir in der Gesellschaft weiterhin eine Präsenz als dienende Kirche haben.“

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