Augenblicke am Rio Chambira

Ausstellung: Bernhard Rappert, Vorsitzender Freundeskreis Indianerhilfe, hat die Arbeit des Vereins auf Fotos festgehalten.

Burscheid. Die junge Frau sitzt auf dem Boden, das Kind im Arm, das sie vor wenigen Stunden geboren hat. Bernhard Rappert hat auf den Auslöser gedrückt und die Szene festgehalten, als er, wie jedes Jahr, Peru besuchte.

Für ihn ist das Bild eine kleine Sensation: "Juana ist die erste Frau des Urarina-Stammes, die ihr Kind in der Klinik zur Welt gebracht hat." Seit über 50Jahren gibt es den Verein Freundeskreis Indianerhilfe, dessen Vorsitzender Rappert ist, die Klinik des Vereins am Rio Chambira liegt drei Tagesreisen von Iquitos, der größten Stadt in Perus tropischem Regenwald, entfernt.

Von dort aus versorgt ein Ärzteteam die umliegenden Dörfer, bildet Helfer aus, damit diese die Dorfbwohner als "Promotores de Salud" selbst versorgen können. "Das ist unser Ziel", sagt Rappert. "Wir wollen den Dorfbewohnern helfen, sich selbst zu helfen." Bei den Urarina ist es Brauch, dass Frauen, die ein Kind erwarten, sich aus der Gemeinschaft zurückziehen. Juana wurde bewusstlos in die Klinik eingeliefert, sie war an Malaria erkrankt - wie viele Menschen am Rio Chambira. Eine Woche später brachte sie ein gesundes Kind zur Welt. "Wäre sie nicht bewusstlos gewesen und hätte selbst entscheiden können, hätte sie nicht zu uns gefunden", sagt Rappert.

Die erste Geburt in der Klinik - für Rappert ein Grund auf den Auslöser zu drücken. Wie oft in den vergangenen Jahren, wenn er sich vor Ort ein Bild von der Arbeit der Indianerhilfe machte oder die Ärzte in der kleinen Klinik unterstützte.

Seine Sicht auf das Engagement der Helfer zeigt Rappert ab Samstag in einer Ausstellung im Burscheider Badehaus. "Ich will, dass sich die Menschen ein Bild von unserer Arbeit machen können", sagt er. Und vom Leben in den Dörfern am Fluss, wo die Dorfbewohner, um sich vor Überschwemmungen zu schützen, in Hütten auf Stelzen leben.

Rappert hat Kinder auf dem Weg zur Schule fotografiert. Weil das Land oft unter Wasser steht und es kaum begehbare Wege gibt, paddeln sie im Boot zur Schule, die Schulbücher in der Hand. Auf einem der Fotos hält ein Junge eine Gans im Arm. "Den Vogel hat er wahrscheinlich irgendwo auf dem Weg aufgelesen", schätzt Rappert.

Noch einer dieser Augenblicke: Kinder auf der Wippe, sie lachen. Die Geräte gehören dem Kindergarten, der im vergangenen Jahr öffnete. Ein weiteres Projekt des Freundeskreis. "Ziel ist es, den Kindern früh Spanisch beizubringen, damit sie in der Schule keine Nachteile haben", sagt Rappert. Der Verein wolle den Kindern ermöglichen, kindgerecht aufzuwachsen. "Spielgeräte kannten sie bisher nicht." 26 Kinder besuchen bereits den Kindergarten und die Nachfrage ist weiterhin groß. Einer der Dorfbewohner hat für die Kinder ein Waschbecken aus Holz geschnitzt, ein kleines Becken in der Form eines Bootes. Rappert ist fasziniert von dieser Arbeit, auch sie hat er fotografiert.

Zu sehen sind in der Ausstellung, die am Samstag um 19Uhr eröffnet wird, auch Bilder des Fotografen Thomas Hoepker, der in den Anfangsjahren der Indianerhilfe die Shipibo fotografierte. Auf seinen schwarz-weiß Bildern tragen die Protagonisten Gesichtsbemalung. Das sei heute nicht mehr so, erzählt Rappert, auch er hat den Stamm besucht "Es hat sich viel geändert." Wie Pucallpa, der Ort, in dem der Verein damals half. Er ist längst zur Stadt angewachsen. Wenn die Promotores ausgebildet sind, wird die Indianerhilfe sich nach einem neuen Ort umsehen, an dem sie die Menschen unterstützen kann. Einmal im Jahr werden die Helfer zurückkehren, um Fortbildungen anzubieten. In etwa fünf Jahren wird es soweit sein. Bleiben werden Bernhard Rappert dann die Erinnerung und seine Fotografien.

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