Auf der Reise zu den Mythen

Die neue Sonderausstellung im Kolumba setzt sich mit der Arbeit von Michael Oppitz auseinander.

Köln. Es war eine lange und beschwerliche Reise, die der Kölner Michael Oppitz Ende der 70er Jahre unternahm, um zum Volk der Magar in einer abgelegenen Region Nordwest-Nepals im Himalaya zu gelangen. Dort sollte im Auftrag des WDR der Film „Schamanen im Blinden Land“ entstehen. Insgesamt dreimal war Opitz mit seinem Team vor Ort, um die religiöse Praxis der Magar zu erforschen und zu dokumentieren. Aus dem geplanten 52-Minuten-Film wurde ein vierstündiges Epos, das 1980 erstmals in New York und direkt im Anschluss auch auf der Berlinale gezeigt wurde.

Auf der Reise zu den Mythen
Foto: Stephan Eppinger

Der Film entfaltet Oppitz ethologisches Wissen ebenso wie seine filmische Ästhetik entlang mythischer Erzählungen. Der Kommentar im Film wandelt zwischen einer wissenschaftlichen und literarischen Sprache. Zu sehen ist das Werk, das längst Kultstatus besitzt, aktuell in der Ausstellung „Bewegliche Mythen“ im Kolumba in Köln.

Ausgangspunkt für die Ausstellungen ist dort immer die eigene Sammlung. Dass dabei nicht immer Hauptwerke ausschlaggebend sein müssen, ist ein Glück und eine Chance, herkömmliche Wertungssysteme auf den Kopf zu stellen. Ein nur auf den ersten Blick unspektakuläres Künstlerbuch von Michael Oppitz und Lothar Baumgarten, erschienen 1974 bei Konrad Fischer in Düsseldorf, hat den Anstoß gegeben für ein monografisches Projekt, das die Forschungen des Ethnologen und Filmemachers Oppitz vorstellt.

Seine Arbeiten entziehen sich einer eindeutigen Zuordnung. Sie widmen sich der Mythologie und mündlichen Überlieferung, der Religionsethnologie und der visuellen Anthropologie. In der Wissenschaft gilt er als charismatische Ausnahmeerscheinung. Er hat den akademischen Betrieb weitgehend gemieden und seine Arbeit umfangreichen Feldforschungen gewidmet, die er bei den kleinen Völkern im Himalaya durchgeführt hat.

Im persönlichen Umgang mit Künstlern und Schriftstellern, wie mit Lothar Baumgarten, Joseph Beuys, Marcel Broodthaers, Candida Höfer und Sigmar Polke, fand er seit seinen Anfängen die Zündung zu gegenseitiger Bereicherung.

Zu sehen gibt es im Kolumba unter anderem die Aufzeichnungen und die Tagebücher Oppitz, die im Rahmen der Arbeiten zum Film entstanden sind. Oppitz war der erste, der die bislang nur mündlich überlieferten Mythen der Magar und anderer Völker verschriftlicht und übersetzt hat. Zu sehen gibt es auch viele Gegenstände aus der Welt der Schamanen wie eine Rüstung und zahlreiche Trommeln, deren Herkunft vom Norden Sibiriens bis nach Nepal reicht.

Oppitz literarisches Interesse an den Mythen der Magar folgt nicht einer Haltung, die nicht im akademischen Sinne zwischen Fiktion und Realität unterscheidet, sondern mythische Überlieferungen als Bestandteile kultureller Alltagserfahrung ernst nimmt. Wieder gefunden hat Oppitz diese Haltung in der legendären Düsseldorfer Ausstellung von Marcel Broodthaers „Der Adler vom Oligozän bis heute“. Dort wurden mehrere 100 Adlerdarstellungen ohne Rücksicht auf Herkunft und Bedeutung seriell angeordnet. In der aktuellen Schau ist eine Weiterentwicklung des Konzepts von Oppitz und Baumgarten zu sehen. Präsentiert werden 49 mit den Namen indigener Gruppen bemalte Adlerfedern und ein dazugehöriges Künstlerbuch in einer schwarzen Box.

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