„Als wäre ich sein großer Bruder“

Seit dem Sommer ist Jannik Grimberg Integrationshelfer — für ihn mehr als nur ein Job.

„Als wäre ich sein großer Bruder“
Foto: Doro Siewert

Burscheid. „Jannik ist der beste Betreuer bisher“, sagt Yigit (10) und strahlt. Der Viertklässler hat die Glasknochenkrankheit und sitzt im Rollstuhl. Traurig wirkt der Kleine nicht — im Gegenteil. Vielleicht liegt das auch an dem blonden jungen Mann, der neben ihm auf einem der Miniaturstühle hockt und während des Schulunterrichts der Wermelskirchener Grundschule Ost hilfsbereit über seine Schulter guckt.

Jannik Grimberg (19) aus Hilgen leistet einen einjährigen Bundesfreiwilligendienst beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Burscheid. Und für ihn ist seine Beziehung zu Yigit mehr als nur ein Job: „Es ist, als wäre ich sein großer Bruder.“

Seine Aufgabe als Integrationshelfer liegt normalerweise in der Pausenbetreuung. „Eigentlich bin ich nicht dazu verpflichtet, mit in den Unterricht zu gehen“, erklärt Jannik. „Aber wenn ich nicht da wäre, müsste immer die Lehrerin Yigit helfen, das wäre viel mehr Aufwand.“ Darum bleibt der 19-Jährige jeden Schultag von Anfang bis Ende an Yigits Seite.

Dass die beiden eng miteinander verbunden sind, wird in den Unterrichtsstunden immer wieder deutlich. Jannik holt für Yigit nicht nur seine Hefter aus dem Ranzen und hilft beim Schneiden, wenn der Viertklässler nicht mehr kann. Er albert auch mit ihm herum, setzt ihm seine Mütze auf und spielt in den Pausen mit ihm am Computer.

Ursprünglich wollte Jannik gar nicht in der Schulbetreuung arbeiten, das hat er auch ausdrücklich gesagt. Nach seinem Probetag mit Yigit hat er sich aber sofort umentschieden. Der Grundschüler ist aber nicht die einzige Person, die Jannik betreut. Zusätzlich hilft er in der häuslichen Behindertenpflege mit und geht dort regelmäßig mit einem geistig behinderten Patienten spazieren. Den nimmt er dabei an der Hand. „Sonst bleibt er einfach stehen oder versucht auch schon mal wegzulaufen. Das ist aber eher selten“, erzählt Jannik.

Während des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) muss der Integrationshelfer an fünf Seminaren teilnehmen, die über das Jahr verteilt sind. Er lernt dort nicht nur mehr über Krankheitsbilder, die Seminare dienen auch dazu, den sozialen Zusammenhalt zwischen den Freiwilligen zu stärken, und bieten eine gute Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch.

Dass Jannik sich für die Arbeit beim ASB entschieden hat, lag vor allem an der positiven Rückmeldung seiner Schwester, die dort schon vor drei Jahren ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolviert hatte und bis heute noch ab und zu mithilft. Nach der Bewerbung musste er nicht lange auf eine Antwort warten und konnte schon nach wenigen Probetagen mit der Arbeit beginnen.

Mittlerweile ist er seit drei Monaten dabei. Empfehlen kann Jannik den Bundesfreiwilligendienst jedem, der noch Zeit braucht, sich über seine Perspektiven klar zu werden und gegen ein kleines Taschengeld etwas Sinnvolles leisten will. Angst vor dem Umgang mit behinderten oder pflegebedürftigen Menschen sollte man dabei nicht haben. Jannik selbst möchte zwar nächstes Jahr eine Ausbildung zum Industrie- oder Bürokaufmann machen, rät aber: „Wenn man später im sozialen Bereich arbeiten will, sollte man auf jeden Fall über einen BFD nachdenken. Man lernt hier schon extrem viel.“

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