Alexander Wüerst: "In der Krise sind wir gewachsen"

Alexander Wüerst, Vorsitzender der Kreissparkasse Köln: Bei den Kunden zählen vor allem Sicherheit und Vertrauen im Finanzgeschäft.

Köln. Bergischer Volksbote: Herr Wüerst, wie beurteilen Sie den Finanzstandort Köln und seinePerspektiven?

Alexander Wüerst: Der Standort Köln ist für Finanzinstitute hochattraktiv.Das liegt sicherlich daran, dass die Region ein dynamischer Unternehmensstandortmit einer starken Kreditnachfrage ist. Auch demografisch, im Vergleich zumBundesdurchschnitt, entwickelt sich die Region sehr gut.

Entsprechend sind allegroßen Kreditinstitute hier vertreten. Neben den Großbanken finden sie hiersowohl Privatbanken, ausländische Kreditinstitute, Spezialkreditinstitute alsauch eine große Genossenschaftsbank und die zwei größten kommunalen Sparkassenin Deutschland. Die Wettbewerbssituation ist entsprechend sehr hoch.

BV: Wie positioniert sich die Kreissparkasse in diesem Umfeld?

Wüerst: Wir sind mit unseren Geschäftsstellen in den vier umliegendenLandkreisen vertreten, dort liegt auch der Schwerpunkt unsererGeschäftstätigkeit. Natürlich haben wir auch zu Kölner Unternehmen, die in derRegion tätig sind, Verbindungen.

BV: Welche Rolle haben die Sparkassen in der deutschen Bankenlandschaft?

Wüerst: In den vergangenen Jahren wurde oft die Frage gestellt, ob Sparkassennoch eine Zukunft haben. In der Finanzkrise hat sich für jeden gezeigt, dass wireine sehr wichtige Rolle spielen. Erstens, weil wir regional verwurzelt sind undso ein stabiles an der Realwirtschaft orientiertes Geschäftsmodell besitzen.Zweitens sind wir ein bedeutender Finanzpartner des Mittelstandes.

So istallgemein die Finanzierungsseite von Unternehmen in der Krise schwierigergeworden. Eine Kreditklemme gab es hier in der Region zwar nicht, jedochinsbesondere größere Unternehmens- und Immobilienfinanzierungen waren und sindschwierig. Da sind größere Sparkassen wie unser Haus in besonderer Weisegefordert. Nicht zuletzt, da sich viele Banken am Markt im Zuge der Krisezurückgezogen haben, die früher im Mittelstandskreditgeschäft aktiv gewesensind.

BV: Sind mögliche Fusionen mit den Sparkassen in Leverkusen und Wermelskirchenfür Sie mittelfristig interessant?

Wüerst: Die Kreissparkasse Köln ist aus mehr als 20 Vorgängerinstitutenentstanden. Wir betreiben jedoch keine aktive Fusionspolitik, sind aber fürGespräche zu diesem Thema offen, wenn es für die betreffenden Institute und füruns Sinn macht.

BV: Wie gut hat die Kreissparkasse die Finanzkrise überstanden?

Wüerst: In der Krise sind wir gewachsen. Das betrifft zum einen die Einlagen.Viele Kunden hatten in den vergangenen Jahren einen Teil ihrer Einlagen zuWettbewerbern wie Auslands- oder Direktbanken gebracht, weil sie nur auf denPreis bzw. die Verzinsung geachtet haben. Dabei hat das Thema Sicherheit oftkeine Rolle gespielt. Das hat sich jetzt grundlegend geändert. Dasselbe giltauch für das Unternehmenskreditgeschäft, das in den vergangenen beiden Jahrendeutlich zulegen konnte. Damit haben sich unsere Geschäfte trotz der schwierigenBedingungen sehr positiv entwickelt.

BV: Welche Rolle spielen Vertrauen und Kundennähe?

Wüerst: Diese Begriffe erleben derzeit eine Renaissance. Denn die Finanzweltwird immer komplexer. In diesem Umfeld erhält die Beratung mit dem persönlichenGespräch und dem Vertrauen zum Berater einen ganz neuen Stellenwert.

DiePrognosen, dass das Bankengeschäft künftig nur noch im Internet stattfindet,halte ich vor diesem Hintergrund für falsch. Der Kunde möchte beides, ein gutesInternetangebot für die Abwicklung seiner Serviceangelegenheiten sowie eine gutepersönliche Beratung, wenn es zum Beispiel um komplexe Angelegenheiten geht, wiedie Baufinanzierung oder die Altersvorsorge.

BV: Wie sieht das Filialnetz der Zukunft bei der Kreissparkasse aus?

Wüerst: Die Unterhaltung eines großen Filialnetzes mit über 200Geschäftsstellen ist teuer, hat aber trotzdem Zukunft. Allerdings muss sich dasBild der Geschäftstelle ändern. Früher war das Filialgeschäft sehr stark durchdas Servicegeschäft geprägt. Der Kunde musste die Geschäftstelle aufsuchen, umBargeld abzuheben oder eine Überweisung zu tätigen. Heute hat dies für dieGeschäftstelle nur noch eine untergeordnete Bedeutung.

Somit tritt dasBeratungsgeschäft an die erste Stelle. Daher hat eine Geschäftstelle heute stattfünf Kassen nur noch eine, dafür mehr Beratertische. Unser Ziel ist es, auchweiterhin in der Fläche präsent zu sein, auch wenn wir immer mal wiederVerdichtungen vornehmen werden. So, wenn es in einer Ortschaft zwei kleine, nahebeieinander liegende Geschäftsstellen gibt, die man besser zu einer großenGeschäftstelle zusammenfassen sollte.

BV: In Zeiten der Haushaltsnot der Kommunen ist die Sparkasse immer häufigergefragt, wenn es darum geht, Kultur oder Sport zu unterstützen. Welche Rollespielt für Sie das gemeinnützige Engagement?

Wüerst: Natürlich kann eine Sparkasse nicht die Finanzlöcher, die auf derkommunalen Seite im gemeinnützigen Bereich entstehen, komplett schließen.Allerdings kann ein Institut eine ganze Menge tun, wenn es darum geht, sich fürdie Region zu engagieren.

Dies tun wir zum einen durch Gewinne, welche wir andie Trägerkommunen ausschütten, soweit wir diese nicht zur Stärkung unseresEigenkapitals benötigen. Diese Gewinnausschüttungen werden von den Kommunen fürgemeinwohlorientierte Zwecke verwandt. Zum anderen engagieren wir uns im Rahmenvon Spenden und Sponsorings in der Region. Darüber hinaus haben wir eineStiftungsfamilie von zwölf Stiftungen mit einem Kapital von rund 65 MillionenEuro. Hierüber fließen jedes Jahr über zwei Millionen Euro in die Region.

Dabeigeht es uns vor allem darum, kommunale Aufgaben zu ergänzen, und nicht, sie zuersetzen. Schwerpunktthemen sind Soziales, Umwelt, Bildung, Kultur und Sport.Insgesamt wünsche ich mir, dass sich hier auch die Unternehmerschaft stärkerengagiert. Das passiert schon an vielen Stellen, es ist aber noch Potenzial fürmehr Engagement zum Wohle der Region vorhanden.

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