Fake-Wurst Wurst vom Gutshof? So tricksen Aldi, Netto und Co.

Düsseldorf · Es geht um die Wurst, genauer um ihre Bezeichnung: Viele Eigenmarken im Supermarkt klingen nach Bauernhof-Idyll. Das hat laut Verbraucherschützern leider oft nichts mit der Realität zu tun.

Wenn auf der Wurstverpackung ein Gutshof als Markenname steht, heißt das nicht, dass es diesen auch wirklich gibt, so Verbraucherschützer. Das Fleisch kann trotzdem aus Massentierhaltung kommen.

Wenn auf der Wurstverpackung ein Gutshof als Markenname steht, heißt das nicht, dass es diesen auch wirklich gibt, so Verbraucherschützer. Das Fleisch kann trotzdem aus Massentierhaltung kommen.

Foto: picture alliance / dpa/Federico Gambarini

Das Bild auf der Wurstverpackung ist stets ähnlich: ein Bauernhäuschen, wahlweise mit Fachwerk, dazu entweder ein paar grüne Bäume oder fröhliche Tiere. Ob „Gut Ponholz“ bei Netto, „Gut drei Eichen“ bei Aldi oder „Gut Bartenhof“ bei Norma – die Eigenmarken für Fleischprodukte wecken Bilder von Bauernhof-Idyll. Und ein gutes Gewissen. Aber: Ein konkreter Ort steckt in der Regel nicht hinter diesen Markennamen. Die Verbraucherzentrale kritisiert die Tricks der Supermärkte.

Die Packung Putenbrustfilets vom „Gut Ponholz“ verspricht in geschwungener Schrift: „So schmeckt die Heimat“. Allerdings: In Ponholz steht zwar die Zentrale des Discounters Netto – Puten sucht man dort aber vergebens, sie leben und sterben anderswo. Wer im Internet Aldis „Gut drei Eichen“ sucht, der findet ein Zentrum für Naturerziehung in der Märkischen Schweiz, in dem Kinder die Wildnis erfahren können – Fleischproduktion nicht inbegriffen. Es handele sich „um eine symbolische Bezeichnung“, teilt ein Sprecher von Aldi Nord auf Anfrage unserer Zeitung mit. Auch das Norma’sche „Gut Bartenhof“ existiert nicht.

„Aus Markennamen irgendwelche Schlüsse zu ziehen, ist ein großer Fehler“, warnt Sabine Klein, Ernährungswissenschaftlerin bei der Verbraucherzentrale NRW. „Es sind Fantasienamen. Sie haben mit der Realität nichts zu tun.“ Das gelte für Namen, die nach konkreten Orten klingen, ebenso wie für solche, die einen regionalen Bezug vortäuschen: „Auch da muss kein Zusammenhang bestehen.“ Selbst hinter der Packungsezeichnung „aus unserer Metzgerei“ könne tatsächlich der große Industrie-Schlachthof stecken. „Aus Verbrauchersicht ist das bedauerlich – eigentlich sogar ärgerlich“, sagt Klein. Nur verboten ist es nicht. „Das ist Marketing“, sagt die Expertin.

Die Rügenwalder Mühle gibt es – aber nicht in Rügenwalde

Marketing steckt auch hinter einem Ort aus einem Wurst-Markennamen, den es wirklich gibt: die Rügenwalder Mühle. Allerdings dreht sie sich im niedersächsischen Bad Zwischenahn – und Fleisch wird dort nicht verarbeitet. Aber von vorn: Die Fleischerei wurde 1834 in Rügenwalde in Pommern, dem heutigen polnischen Darlowo, gegründet. Von der Familie Müller. Und als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Teewurst der Müllers aus Rügenwalde immer beliebter und eine Unterscheidung von anderen Fleischspezialitäten aus der Stadt gewünscht wurde, entwarf die Frau des Familienoberhaupts, Alwine, die rote Mühle mit den Wurstflügeln, die bis heute alle Verpackungen ziert – ein anderer Fleischer aus Rügenwalde habe Schiffmann geheißen und ein Schiff auf seine Produkte gedruckt, heißt es von der Rügenwalder Mühle. Die echte Mühle wurde erst 2012 errichtet. Als Marketing-Gag eben.

Dass Makennamen in den wenigsten Fällen Rückschlüsse auf die tatsächliche Herkunft des Fleisches zulassen, heißt im Umkehrschluss nicht automatisch, dass die Unternehmen mauern. Auf Anfrage nennt eine Sprecherin der Rügenwalder Mühle aus dem Stegreif die neun Lieferanten, von denen seit Jahren die wöchentlich 360 Tonnen Schweine- und Geflügelfleisch bezogen werden – alle Produktionsstufen von der Elterntierhaltung bis zur Schlachtung befänden sich in Deutschland. Beim Discounter Norma, so eine Sprecherin, finden Kunden schon seit 2012 auf allen Frischfleischpackungen einen QR-Code, „der transparent über die Herkunft des Fleisches, den Ort der Aufzucht sowie über die Schlachtung und Verarbeitung informiert“.

„Wenn mir die Herkunft meines Fleisches wichtig ist, dann sollte ich da kaufen, wo ich einen Ansprechpartner habe“, rät dennoch Verbraucherschützerin Sabine Klein. Metzgereien könnten häufig noch nachhalten, woher genau die Tiere stammten. „Aber vor Feiertagen und in der Grillsaison kaufen auch sie oft auf dem Großmarkt.“ Hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht, aber nachfragen helfe. „Alles ist immer ein bisschen Vertrauenssache“, so Klein. Informationen über Einkaufsmöglichkeiten direkt beim Erzeuger – etwa in Hofläden – hat die Landwirtschaftskammer NRW im Internet zusammengestell auf der Seite:

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