Aggressive Stimmung im Düsseldorfer Parlament : AfD und die Bergleute – Eklat im Landtag
Düsseldorf CDU und FDP sehen eine neue Eskalationsstufe: Die AfD habe die Männer für sich instrumentalisiert. Die aggressive Stimmung war auch in den Abgeordnetenreihen zu spüren.
Die AfD nennt es „Gänsehautvideo“ – den von ihr veröffentlichten Zusammenschnitt von Szenen, die sich am Mittwochabend nach 18 Uhr vor und im nordrhein-westfälischen Landtag abgespielt haben. Untermalt von getragener Musik wird da zunächst gezeigt, wie etwa 60 Männer in Bergmannskluft, begleitet von AfD-Abgeordneten, auf den Landtag zugehen. Spätere Einstellungen zeigen dann, wie die Männer auf der Zuschauertribüne über dem Plenum sitzen, wie sie einer aufgeregten, lautstark geführten Debatte zuhören. Einer Debatte, in der die AfD den anderen Parteien vorwirft, dass sie den gekündigten Bergmännern der Ruhrkohle AG nicht beistünden.
Als CDU, FDP, SPD und Grüne den Antrag der AfD ablehnen, die Landesregierung möge sich doch bei der Ruhrkohle AG dafür einsetzen, dass diese die insgesamt 200 Kündigungen zurücknimmt, eskaliert die Situation. Die Bergleute auf der Tribüne buhen und schreien. Landtagspräsident André Kuper (CDU) unterbricht die Sitzung und lässt die Tribüne räumen. Woraufhin einige der Kumpel noch beim Herausgehen mit den Fäusten gegen die Glasfenster schlagen.
Hennig Höne und Matthias Kerkhoff, die parlamentarischen Geschäftsführer von FDP und CDU, schildern einen Tag danach vor Journalisten, als wie bedrohlich sie die Situation empfanden und warum der Vorgang für sie eine neue Dimension der Eskalationsstrategie der AfD sei. In dem Moment, in dem Saaldiener die aufgebrachten Bergleute herausleiteten und eine gerufene polizeiliche Verstärkung noch nicht da war, sei es durchaus denkbar gewesen, dass die Männer auch in die Abgeordnetenreihen vorgedrungen wären. Was sie allerdings nicht taten, vielmehr seien sie beim vorbereiteten Stehempfang im AfD-Foyer beköstigt worden.
Drohten Handgreiflichkeiten unter den Abgeordnenten?
Die aggressive Stimmung war auch in den Abgeordnetenreihen zu spüren. Der FDP-Abgeordnete Stephan Haupt behauptet, AfD-Mann Sven Tritschler habe zu ihm im Plenarsaal gesagt: „Wir beide können gerne mal vor die Tür gehen.“ Das hätten auch mehrere andere FDP-Abgeordnete gehört. Der so beschuldigte AfD-Abgeordnete Tritschler sagte auf Nachfrage dieser Zeitung: „Ich kann mich an die Szene zwar erinnern, die genannte Äußerung habe ich aber sicher nicht getätigt. Die ganze Auseinandersetzung mag laut gewesen sein, eine Gewaltandrohung fand aber zweifellos nicht statt. Das kann ich auch eidesstattlich versichern.“ Im Übrigen könne eine Parteikollegin seine Aussage bestätigen.
CDU und FDP sehen in der Tatsache, dass die AfD die Bergleute begleitet und zum Stehempfang geladen habe und auch in dem Video, das die Bergleute schon vor dem Landtag mit den AfD-Abgeordneten zeigte, einen Beweis dafür, dass all das kein spontaner emotionaler Ausbruch gewesen sei. Die Bergleute hätten sich von der AfD instrumentalisieren lassen, sagt FDP-Mann Höne. Die AfD-Abgeordneten Markus Wagner und Christian Loose hätten durch ihre lautstarken Debattenbeiträge die Emotionen der Bergleute bewusst hochgeschaukelt. Das Ganze habe, so Kerkhoff, deshalb eine neue Qualität, „weil sich die Fraktion der AfD aktiv durch ihre Redebeiträge der Tribüne bedient hat, um gegen die Regeln zu verstoßen. Die AfD-Fraktion hat in der aufgeheizten Stimmung nicht deeskalierend, sondern eskalierend gewirkt.“