DJK Rheinkraft Sportverein fördert Gehörlose

Neuss. ·  DJK Rheinkraft bietet Athleten mit Handicap sportliches Zuhause.

Auf der „Slacknuss“ muss Svenja Kramer auf den gespannten Seilen balancieren und die Wackelbewegungen mit dem Körper ausgleichen.

Auf der „Slacknuss“ muss Svenja Kramer auf den gespannten Seilen balancieren und die Wackelbewegungen mit dem Körper ausgleichen.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Wenn Svenja Kramer läuft, sind Titel und Rekorde fast keine Überraschung mehr. In ihrer Lieblingsdisziplin, dem 3000-Meter-Hindernislauf, ist die 23-Jährige kaum zu schlagen. Sie ist eine der schnellsten gehörlosen Deutschen, wurde 2017 zur besten gehörlosen Sportlerin des Jahres in NRW gekürt. Ihre Leistungen verdankt die Neusserin ihrem Fleiß und Talent – und ihrem Verein, der DJK Rheinkraft.

„Auf meine Bedürfnisse als Gehörlose ist kein anderer Verein so gezielt eingegangen wie die DJK, ich wurde noch nie so gut gefördert“, sagt Kramer. Seit fünf Jahren ist sie bei der DJK, die eine bundesweit einzigartige Ausstattung hat. 2016 eröffnete auf der Ludwig-Wolker-Sportanlage ein Bewegungsparcours mit zehn Stationen, spezialisiert auf Training für das Gleichgewicht. Denn damit haben Menschen mit Hörbehinderung oft Probleme. Im Innenohr befindet neben der „Hörschnecke“ auch das Gleichgewichtsorgan. „Ich konnte früher nicht mal auf einem Bein stehen“, so Kramer. Auf den speziellen Trainingsgeräten der DJK macht sie Übungen, die ihre Balance fördern. „Aufgebaute Muskeln bringen wenig wenn man sie nicht im richtigen Zeitpunkt gezielt einsetzen kann“, sagt die Leichtathletin. Dafür helfen etwa das hölzerne Wackelbrett und ein Balancierseil, aber auch Geräte, von denen Hörende profitieren können wie die Bauchmuskelbank. Für den Parcours kommen gehörlose Athleten aus ganz Deutschland vor Wettbewerben nach Neuss.

Gemeinschaft ist noch
wichtiger als die Ausstattung

Doch mit dem Parcours endet die spezielle Ausstattung der DJK nicht – der Verein hat auch mobile Geräte zur Förderung der gehörlosen Sportler angeschafft. Etwa die „Slacknuss“, eine wippenartige Konstruktion, zwischen deren Enden Seile gespannt sind. Man muss dabei nicht nur auf den Seilen balancieren, sondern auch die Wackelbewegung der „Nuss“ berücksichtigen. Eine noch größere Rolle als der Ausstattung der DJK spielt die Gemeinschaft. „Es ist sehr wichtig, dass Gehörlose und Hörende nicht separat trainieren. Mit oder ohne Handicap: bei der DJK feuern wir uns gegenseitig an und motivieren einander“, so Kramer. Viele ihrer Kameraden können auch Gebärdensprache – Inklusion wird gelebt.

Kramer und ihre Kameraden haben einige Junioren-Meistertitel geholt. Alessia Melchiorre gewann im Mai den Mehrkampf der weiblichen Jugend vor Luisa Weigel, auch von der DJK Rheinkraft. Die Übungen an der Ludwig-Wolker-Sportanlage helfen Kramer übrigens nicht nur für den Sport, sondern auch im Alltag. „Früher waren Pflastersteine in der Dunkelheit der Endgegner“, sagt sie. Wer sie auf der „Slacknuss“ sieht, mag das fast nicht glauben.

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