Velbert. Nachtscheinanlage macht Luftkrieg begreifbar

Velbert. · Fahles, blaues Licht beleuchtet den spärlich eingerichteten Raum: In der Mitte steht ein großer Tisch mit drei Telefonen und ein paar Stühlen, an den kahlen Betonwänden sind Schalttafeln und Kabel befestigt.

 Die Sheddachattrappen sollten die Piloten hinters Licht führen.

Die Sheddachattrappen sollten die Piloten hinters Licht führen.

Foto: Ulrich Bangert

Im Rahmen der „Neanderland-Museumsnacht“ konnte der Leitbunker der Kruppschen Nachtscheinanlage auf dem Rottberg in nahezu authentischer Atmosphäre erlebt werden. Das war allerdings nur zwei Gruppen von je rund 25 interessierten Teilnehmern nach Voranmeldung möglich.

„Am Tag des offenen Denkmals hatten wir über 800 Leute hier, das wäre in der Dunkelheit viel zu gefährlich“, begründete der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Jürgen Lohbeck die Einschränkung. Mehrere Helfer mit Taschenlampen geleiteten die Besucher über holprige Feldwege zu dem Relikt des Zweiten Weltkriegs.

Gussstahlfabrik von Krupp
sollte geschützt werden

„Es gab seinerzeit hunderte von solchen Scheinanlagen, mit denen die Piloten der feindlichen Bomber von den eigentlichen Zielen weg gelockt werden sollten“, erklärt Lohbeck. In den Jahren 1941 und 1942 funktionierte das ganz gut, ab 1943 fiel der Schwindel auf und die echte Gussstahlfabrik der Firma Krupp in Essen wurde massiv angegriffen. Nach Kriegsende verschwand die Scheinanlagen ganz schnell, die Bevölkerung konnte die Materialien gebrauchen, die Besatzer sprengten die Bunker, nur der auf dem Rottberg blieb stehen, weil der ihn der benachbarte Bauer als Hühnerstall nutzte und versicherte, das er damit einen wichtigen Betrag zur Ernährung der Bevölkerung leistete. „Dieses Relikt ist nahezu einzigartig in Deutschland“, hat der Hobbyhistoriker herausgefunden und baut es nach und nach mit historischer Ausstattung aus, zuletzt mit einem Bunkerofen.

Damit sich das Publikum eine Vorstellung machen kann, wie die Attrappen aussahen, recherchierten die Betreuer des Betonbollwerks im Militärarchiv Freiburg und wurden fündig: Nach den dort verwahrten Zeichnungen bauten sie die Attrappe eines Scheddaches originalgetreu nach. Auf Holzleisten, etwas dicker als Dachlatten, wurden Hartfaserplatten schräg aufgeschraubt. „Damals nahm dafür ‚Kapak’, das gibt es heute nicht mehr, wir verwenden wasserfestes Sperrholz. 500 bis 600 solcher Elemente sind hier aufgestellt worden.“ Angestrahlt wird die „Scheinleuchtwand“ durch eine „Scheinbodenleuchte“, die Bauanleitung gab es ebenfalls im Militärarchiv. „So sah das für die Piloten aus dem Nachthimmel wie eine eine schlecht abgedunkelte Fabrikhalle aus.“

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