Meinung Zur Wahl eines Bundestagsvizepräsidenten von der AfD: Enthaltung wäre klüger

Die AfD wird bei der ersten Bundestagssitzung womöglich schon einen Triumph feiern können. Dann nämlich, wenn die Mehrheit der anderen Abgeordneten den von den Rechtpopulisten als Parlamentsvizepräsident vorgeschlagenen Albrecht Glaser nicht mitwählt.

Es wäre Bekennertum an der falschen Stelle. Denn die AfD wird damit Propaganda machen: Seht her, so unfair gehen die „Systemparteien“ mit uns um. Man verweigert uns unser Recht auf diesen Posten. Wir sind die verfolgte Unschuld der 19. Legislaturperiode. So wird die Reaktion sein.

Zweifellos ist Glasers Forderung, das Grundrecht der Religionsfreiheit für den Islam in Deutschland nicht gelten zu lassen, ein Grund, ihm die Stimme zu verweigern. Allerdings, wer Glaser öfter beobachtet hat, weiß, dass der ehemalige CDU-Kommunalpolitiker gern mal etwas abseitig daher redet. Nicht durchgehend rechtsradikal. Eher rechthaberisch und verschroben. Und: Andere, wesentlich seriösere Kandidaten hat die AfD nicht zu bieten. Sie hat aber nun einmal das Vorschlagsrecht für einen der Vizeposten.

Es gibt für die Mehrheit eine Möglichkeit, Glaser heute nicht zu wählen und der AfD trotzdem ihren Märtyrer-Triumph nicht zu geben: Die Enthaltung. Im ersten und zweiten Wahlgang sorgt sie dafür, dass Glaser durchrasselt, weil ihm die erforderliche absolute Mehrheit fehlt. Im dritten Wahlgang dann würde er gewählt — aber nur mit den Stimmen der AfD selbst. So könnte Glasers Partei mit dem Vorgang propagandistisch wenig anfangen — und die anderen Parteien hätten sich nicht die Finger schmutzig gemacht. Natürlich erfordert das von vielen Abgeordneten so etwas wie zusammengebissene Zähne im Umgang mit den Rechtspopulisten. Aber das gilt ab diesem Dienstag sowieso vier Jahre lang.

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