Zahnersatz: Etwas ist faul am Gesundheitssystem

Die Kosten für Zahnersatz steigen unaufhaltsam.

Helden sind Mangelware. Das gilt für jeden Bereich des Lebens. Aber kaum ein notwendiges Übel wird konsequenter verdrängt als der Besuch des Zahnarztes. Das war schon so, als die Patienten noch mit Lachgas betäubt wurden, und hat sich bis heute nicht geändert. Der Anblick der Spritze, das Geräusch des Bohrers, fremde Finger im Mund — das ist wirklich nicht schön. Doch abgesehen davon, dass die Angst vieler Menschen der heute hohen Kunst des Zahnarztes nicht gerecht wird, sind die Folgen allenthalben zu sehen und zu spüren. Mit der Nachfrage nach Kronen, Brücken, Implantaten und Prothesen steigt der Preis. Dabei wird die zahntechnische Leistung häufig längst in Osteuropa und Hongkong erbracht. Dort verstehen die Leute ihr Handwerk auch, aber die Löhne sind deutlich niedriger. Dass die Preise für den Kunden in Deutschland dennoch regelmäßig steigen, ist ein Phänomen. Anscheinend wollen zu viele am Zahnersatz oder an der Zahnkosmetik mitverdienen.

Irgendetwas ist faul am deutschen Gesundheitswesen, wenn Zahnärzte keine Kassenzulassung mehr haben wollen, weil Bürokratie und geringe Kostensätze den Praxisaufwand nicht mehr decken.

Irgendetwas ist faul, wenn Praxen sich auf Zahnersatz aus Asien spezialisieren müssen, weil es sich für sie nicht lohnt, mit Plomben und Wurzelbehandlungen die Zähne von Kassenpatienten zu erhalten.

Und irgendetwas ist faul, wenn kaum noch jedes dritte Kind zahnmedizinisch untersucht wird, gleichzeitig aber Nougatcremes und andere Zuckerbomben tagtäglich Attacken auf den Zahnschmelz reiten.

Das Bonussystem der Krankenkassen zugunsten jener, die sich regelmäßig auf den Stuhl der vermeintlichen Qualen setzen, ist gut. Doch offenbar reicht es nicht aus. Der Studie der Barmer GEK sollte ein von den Krankenkassen finanziertes Präventionsprogramm folgen. Es hilft auf jeden Fall nicht, wenn sich Versicherer und Ärztevereinigungen den Schwarzen Peter in der Diskussion um Kostensteigerungen immer wieder gegenseitig zuschieben. Deutschland drohen längst amerikanische Verhältnisse. Dort lässt sich der Wohlstand der Menschen bisweilen heute schon am Zustand ihrer Zähne ablesen.

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