Meinung : Wo Prinzipien Vorrang vor anderen Werten haben
Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Hartnäckigkeit ein katholisches Krankenhaus durch alle Gerichtsinstanzen für den Rauswurf eines Chefarztes streitet — nur, weil dieser nach seiner Scheidung erneut standesamtlich geheiratet hat.
Die Erklärung: Es geht ums sehr Grundsätzliche.
Denn da hat ein Katholik durch Wiederheirat das Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe verletzt, das zu den wesentlichen Regeln der katholischen Glaubens- und Sittenlehre zählt. Und es geht darum, dass sich die Katholische Kirche nicht gefallen lassen will, dass ihr der Staat mit seinem weltlichen Arbeitsrecht reinredet. Auch die Worte des Europäischen Gerichtshofs über eine mögliche Diskriminierung des Chefarztes will man so nicht stehen lassen. Die Bischofskonferenz beharrt weiter darauf, dass es Sache der Kirche, nicht aber der staatlichen Gerichte sei, welche Loyalitätserwartungen sie an ihre Mitarbeiter stellt.
Bei einem Arzt sollte es doch um die Qualität seiner medizinischen Arbeit gehen. Ärzte sollen ihre Patienten heilen und nicht missionieren. Die Katholische Kirche dagegen pocht darauf, dass jedenfalls Inhaber einer exponierten Position — und eine solche ist der Chefarztposten — eine Vorbildfunktion haben. Legt man das kirchliche Ethos zugrunde, dann ist der Chefarzt diesem Anspruch nicht gerecht geworden.