Meinung Der Wind, der Wind ...

Meinung · Windkraft wollen alle. Das Problem: Sie braucht Windräder – und die will niemand so gern.

 Juliane Kinast

Juliane Kinast

Foto: Judith Michaelis

Die Sache mit der Windenergie ist trivial: Jeder findet, dass es besser ist, Strom aus Wind zu erzeugen, der ohnehin weht, statt dafür Kohle zu verfeuern, die bald zur Neige geht und außerdem Dreck macht. Aber das hässliche Windrad möge sich bitte nicht vor dem eigenen Balkon drehen. Und natürlich möchte auch der Naturschutzbund, dass ein einigermaßen gemäßigtes Klima ein massenhaftes Artensterben verhindert – nur soll das einzelne Windrad dazu keine Vögel und Insekten schreddern.

Das große Ganze und dieser verflixte unbequeme kleine Beitrag. Das Erste wollen alle. Aber für das Zweite mag keiner so recht ein Opfer bringen. Das ist absolut verständlich. Und dafür gibt es Politik: um die Interessen des großen Ganzen gegen die durchaus berechtigten Sorgen Einzelner abzuwägen. Und im Zweifelsfall durchzusetzen.

Im Fall Windkraft scheint die Politik in NRW leider selbst nicht sicher zu sein, was denn nun das große Ganze ist. Ist es wichtiger, den Wald und das Wohnumfeld von Menschen vor Windrädern zu schützen? Oder will man den Windkraftausbau mit aller Konsequenz vorantreiben? In einem dicht besiedelten Land wie NRW wird man sich entscheiden müssen. Denn jedes neu gebaute Windrad wird nun einmal in Sichtweite irgendeines Balkons oder Küchenfensters stehen. Oder im Wald.

Dass im Wirtschafts- und Energieministerium eine Verdopplung der an Land erzeugten Windkraft „für möglich“ gehalten wird, überzeugt nicht. Die Planung einer neuen Windkraftanlage dauert etwa fünf Jahre. Wenn die Verdopplung bis 2030 passieren soll, muss man jetzt auch konkret erklären, wie. Und den Mut haben, vielen einzelnen Menschen zu sagen, dass der Blick ins Grüne von ihrem Balkon einen Preis hat: den, dass sich über dem Grün ein paar Windräder drehen. Das kommt besser an als offenkundige Widersprüche in der Politik.

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