Wenn das Auto zur Waffe werden kann

Der Führerscheinentzug bei Gewalttätern ist rechtlich heikel

Darf eine Behörde das? Da ist jemand gewalttätig, durchaus gefährlich, aber die Sache hat nichts mit einem Verkehrsdelikt zu tun. Dennoch nimmt sich das städtische Ordnungsamt der Sache an und kassiert nach dem Motto „Haust du, dann läufst du“ seinen Führerschein ein. Und zwar, ohne dass der Mann in dieser Angelegenheit von einem Strafgericht verurteilt worden ist.

Da drängen sich grundsätzliche Fragen auf, wie: Maßt sich da nicht eine Behörde etwas an, was nicht ihre Sache ist — pfuscht sie nicht der Strafjustiz ins Handwerk? Und mehr noch: Nimmt sie sich nicht sogar noch mehr heraus als einem Strafrichter erlaubt ist?

Der darf bekanntlich ein Fahrverbot nur als Nebenstrafe nach einem Verkehrsdelikt verhängen — und eben nicht als eigenständige Sanktion. Er darf einen brutalen Schläger nicht einfach mit einem Fahrverbot belegen. Was einem Strafjuristen verboten ist, darf doch nicht durch die Hintertür einer Behörde erlaubt sein, oder?

Doch all diese Bedenken wiegen nur auf den ersten Blick schwer. Denn das, was das Ordnungsamt Münster da so rigide praktiziert, ist etwas ganz anderes, als ein Strafurteil zu fällen. Die Behörde wird präventiv, also vorbeugend tätig. Ihr Job ist es, Gefahren für den Straßenverkehr zu vermeiden. Gefahren, die uns allen drohen können, wenn wir vor die Tür gehen oder wenn wir auf der Autobahn fahren. Und da wird der behördliche Ansatz sehr wohl nachvollziehbar.

Die Polizei stellt fest, dass jemand besonders aggressiv ist. Und sie hat Bedenken, dass ein Werkzeug in der Hand dieses Menschen zu einer besonders gefährlichen Waffe werden kann: das Auto. Solch einem Menschen den Führerschein wegzunehmen, sieht aus dessen Perspektive zwar wie eine Strafe aus, ist aber in Wahrheit eine Maßnahme zum Schutz der Verkehrsteilnehmer.

Wer unvermittelt um sich schlägt, der wird im Zweifel auch im Straßenverkehr ausrasten — diese Argumentation erscheint schlüssig. Allerdings ist sie damit noch lange nicht wissenschaftlich fundiert. Es ist eine Einzelfallfrage, ob Aggressivität im Alltag auch auf Verkehrssituationen übertragbar ist.

Bei dieser Frage einen psychologischen Gutachter hinzuzuziehen statt die Sache nur aus behördlicher Sicht zu beurteilen, dürfte die Entscheidung auf eine solidere Basis stellen.

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