Was unsere Kinder lernen müssen

Die Zahl der Reformvorschläge in der Bildungspolitik ist reziprok zu den gelungenen Umsetzungen. So sorgt das Abitur nach zwölf Jahren für Zehn-Stunden-Tage, ohne dass die meisten Schüler Gelegenheit zu einer Mittagsverpflegung oder entspannenden Angeboten an diesen Mammuttagen bekämen.

Mit der Verdichtung der Universitätsausbildung halten die Lehrbedingungen an den Hochschulen bei weitem nicht Schritt. Und statt der gewünschten Internationalisierung durch Bachelor und Master finden die Studenten gar keine Zeit mehr, um im Ausland zu studieren.

Diese unaufgeräumten Baustellen können die Bildungspolitiker freilich nicht von immer neuen Vorstößen abhalten - als leite sich daraus ihre Daseinsberechtigung ab. Bundesministerin Annette Schavan belebt nun ihr Lieblingsthema der früheren Einschulung. Eine gänzlich überflüssige Debatte.

Zudem taugt die versuchsweise Zusammenführung von Kindergärten und Grundschulen an einigen Standorten in Baden-Württemberg gar nicht als Grundmodell für die Befriedigung des unbestreitbaren Wissensdurstes der 4- bis 6-Jährigen. Diese sogenannten Bildungshäuser werden Angebotsinseln bleiben, von denen vor allem diejenigen Kinder profitieren, deren Eltern ohnehin alles für die optimale Entwicklung ihrer Kinder unternehmen.

Das wahre Problem der frühkindlichen und schulischen Bildung in Deutschland liegt in der immer weiter auseinander klaffenden Lücke zwischen geförderten und vernachlässigten Kindern. Wer in die Grundschule kommt und nicht richtig deutsch sprechen kann - ein Mangel, den nicht nur viele Ausländerkinder aufweisen - , wird mit großer Wahrscheinlichkeit keinen ordentlichen Schulabschluss erreichen. Tatsächlich werden im Alter zwischen 4 und 6 Jahren die Handicaps fürs Leben gelegt.

Wir brauchen dringend eine verpflichtende Vorschule, in der alle Kinder zwei Jahre lang die Fähigkeiten erwerben, die Grundlage für eine erfolgreiche Schulzeit und letztlich einen erfolgversprechenden Lebensweg sind. Die Vermittlung von Sprachkompetenz, Naturphänomenen und Lernverhalten in der Gruppe sind dabei wichtiger als Lesen, Schreiben und Rechnen. Das setzt freilich eine ganz andere Ausbildung der Erzieher voraus.

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