Was fehlt, ist ein internationales Seegericht

Wenn einer wie Libyens Präsident Gaddafi, den selbst George Bush junior zuletzt nicht mehr zu den "Schurken" gezählt hatte, die Seeräuberei vor Somalias Küste eine "Selbstverteidigung gegen die gierigen Nationen des Westens" nennt, dann spricht das Bände.

Wir erleben eine neue Art Kriegsführung: David tanzt Goliath auf der Nase herum, aber Goliath weiß sich so recht nicht zu wehren, weil es nicht nach seinen gewohnten Spielregeln geht.

Dem Westen, zu dem in Faustrecht-Ländern wie Somalia alles gezählt wird, was Handel auf See treibt, fehlt es an Koordination. Geleitzüge unter Marine-Schutz bieten Sicherheit - aber was, wenn Reeder ihre Schiffe trotzdem auf die kostengünstigere Route schicken?

Russen und Inder greifen zur Selbsthilfe und versenken Piratenschiffe mit Mann und Maus. Und nun schicken auch die USA eine ganze Armada in den Indischen Ozean.

Deutschland hat sich fein aus der Affäre gezogen, als es sieben Somalis, die den Marinetanker "Spessart" beschossen hatten, zur Aburteilung an Kenia überstellt hat. Aber eine grundsätzliche Lösung ist das nicht. Und der Prozess vor einem deutschen Gericht?

Der Unions-Sicherheitspolitiker Bosbach weist zu Recht darauf hin, dass die Piraten dann wohl in Haft gehen, anschließend aber Asyl gewährt bekommen.

Was dringend benötigt wird, ist ein weltweit einheitliches Strafrecht für Piraterie und ein international zuständiges Gericht für Seeräuberei. Den Seegerichtshof gibt es bereits - in Hamburg. Ihm müsste, neben der Zuständigkeit für seerechtliche Streitigkeiten, das Piraten-Strafrecht angegliedert werden.

Wie verworren die Zuständigkeiten selbst innerhalb der Bundesregierung sind, zeigt der aktuelle Fall der gekaperten "Hansa Stavanger". Dem Vernehmen nach wurde wurde auf höchster Ebene gestritten, ob nun die Bundespolizei oder die Marine bei einer geplanten Befreiung der Geiseln die Einsatzführung übernimmt.

Das wäre wieder einmal ein Fall gewesen, in dem gehandelt werden sollte, ohne dass die rechtliche Grundlage klar ist. Wie seinerzeit beim unseligen Streit um den Abschuss entführter Zivilflugzeuge. Dass Innenminister Schäuble den Zugriff auf seine Kappe nehmen wollte, beweist, dass er kein Politiker ist, der wackelt. Aber Mut allein ist zu wenig für einen Rechtsstaat.

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