Meinung Was an der Wohnungsfront getan werden müsste

Meinung · Die Nachrichten von der Wohnungsfront sind dramatisch; in vielen Regionen löst die Sorge vor immer weiter steigenden Mieten inzwischen größere Existenzängste aus als ein Arbeitsplatzverlust. Und das zu Recht.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: nn

Eine Familie mit Durchschnittseinkommen, die in den angesagten Städten jetzt ihre Wohnung zum Beispiel durch Eigenbedarf verliert, hat keine Chance mehr, im Zentrum etwas Neues zu finden. Sie muss in die Peripherie oder aufs Land ziehen. Es gibt eine Fülle von Ideen gegen diese Entwicklung, doch in kaum einem Bereich ist die Diskrepanz zwischen großer realer Not und geringer politischer Verantwortungsbereitschaft so groß wie hier.

Der hochbetagte frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel weist so unaufhörlich wie vergeblich darauf hin,  dass der Wucher mit Bauland die Mutter aller Wohnungsprobleme ist. Denn er schlägt voll auf die Kosten und damit auf die Mieten durch. Die Erschließung und sozialen Folgeeinrichtungen zahlt die Stadt, die Gewinne kassiert komplett der Landbesitzer. Oft sind das international tätigte Spekulanten. Dieses Geschäft muss durch Gewinnabschöpfung deutlich unattraktiver werden. Doch Vogel bleibt ein einsamer Rufer in der Wüste.

Der Bund, auch in Gestalt der Bahn, sitzt auf einer Unmenge Bauland, das er freigeben könnte, um den Markt zusätzlich zu entspannen. Und zwar bevorzugt und günstig an die Kommunen für Projekte des sozialen Wohnungsbaus. Doch das geschieht nicht. Auch die riesigen Flächenpotentiale, die sich durch Nachverdichtung heben ließen, könnten helfen. Was die TU Darmstadt ermittelt hat, ist sicher nicht übertrieben. Damit auf Supermärkten, Parkhäusern und Verwaltungsgebäuden aber tatsächlich Wohnungen entstehen können, müssen viele bürokratische Hürden beseitigt werden.

Auch die Baupreise sind ein Hebel. Denn das überkandidelte deutsche Baurecht macht Neubauten immer teurer. Und der Bereich Mietpreisbremse ist noch nicht ausgelutscht, trotz mehrerer Reformen. Die Ausnahmetatbestände laden zur Umgehung ein. Und in einem Anbietermarkt, wie er derzeit existiert, gibt es keine Skrupel, das auszunutzen. Die Mietpreisbremse muss erkennbar nachgeschärft werden. Und warum gestattet man den Vermietern immer noch, ihre Grundsteuer auf die Mieter umzulegen?

Nur eine Mischung aus beschleunigtem Neubau, Mieterschutz und Kostensenkung wird die soziale Balance wieder herstellen. Doch ist es nicht ersichtlich, dass sich irgendjemand in der Regierung damit konzentriert beschäftigen würde. Zuständig wäre der Bundesbauminister Horst Seehofer. Wenn das nicht im Geschäftsverteilungsplan des Kabinetts stünde, man wüsste es nicht.

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