Meinung Warum die Deutschen nicht im Krieg sind — oder doch?

Am Freitag der Bundestagsbeschluss, am Sonntagmorgen seine Umsetzung: Die deutsche Fregatte „Augsburg“ ist unter französischem Kommando zu ihrem Anti-Terror-Einsatz gestartet — heißt es in Deutschland.

Meinung: Warum die Deutschen nicht im Krieg sind — oder doch?
Foto: Sergej Lepke

Zum Kriegseinsatz — heißt es von französischer Seite. Zwei Partner in derselben Mission, die einmal Krieg und einmal Einsatz heißt. Oder bewaffneter Konflikt. Eben nur nicht Krieg.

Dass die Franzosen ihre Mission begrifflich nicht bemänteln, mag daran liegen, dass das starke Wort auch nach innen die Entschlossenheit unterstreichen soll, als direkt von den Anschlägen Betroffener zu reagieren. Und die eigene Bevölkerung vorzubereiten auf das, was noch kommen mag. Auch bei den Amerikanern wurde die Parole vom „War on terror“ nach den Anschlägen vom 11. September 2001 nicht infrage gestellt.

Aber ist das wirklich ein Krieg, der da gegen den IS in Syrien geführt wird? Krieg — der wird doch erklärt. Und dann bekämpfen sich zwei Staaten an ihren Grenzen auf den Schlachtfeldern. Der Gewinner diktiert dem Verlierer einen Friedensvertrag. Hier aber ist der Gegner eine brutale Gruppe von Mördern, die dieses Morden auch ins Ausland trägt. Mit dem Wort Krieg würden Verbrecher zu Kombattanten aufgewertet.

Kriege werden gegen Staaten geführt. Dem IS, auch wenn er sich Islamischer Staat nennt, will man diesen Status nicht zuerkennen. Als Kriegspartei, die sich an klassisches Kriegsrecht hält, dürfte er sich auch selbst nicht sehen. Sollte ihm ein abgeschossener deutscher Pilot in die Hände fallen, so wäre die Einhaltung völkerrechtlicher Konventionen das Letzte, auf das dieser zählen dürfte.

Die Debatte, ob deutsche Soldaten im Krieg sind oder nicht, hat es schon früher gegeben, beim Afghanistan-Einsatz. Auch da hat es gedauert, bis der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg das K-Wort offen aussprach. Jetzt zögert man wieder, das Kind bei seinem hässlichen Namen zu nennen. Jenseits völkerrechtlicher Begrifflichkeit geht es darum, das Volk, in dessen Namen man handelt, nicht zu verschrecken.

Der kürzlich gestorbene Altkanzler Helmut Schmidt, selbst Kriegsteilnehmer, hat einmal in einem Radiointerview gesagt: „Meine Generation hat selbst Tote gesehen, hat selbst getötet. Die heutigen politischen Führer wissen nicht, wie schrecklich Krieg ist.“ Aber sie ahnen es — deshalb die Vorsicht bei der Wortwahl.

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